laut.de-Kritik

Nach DEM Hype können die Londoner eigentlich nur verlieren.

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Bis vor gar nicht langer Zeit kannte kein Schwein außerhalb Londons die vier Jungs, und ich wage die tollkühne Behauptung, dass Palma Violets sich auch gar nicht so sehr darum scherten. Sie besaßen keinen Internetauftritt und waren in keinem Social Network aktiv. Sie hatten keine professionellen Bandfotos. Ihre Musik konnte man sich bei lokalen Auftritten anhören, nicht im Internet und nicht auf CD. Denn hey, Palma Violets probierten sich gerade noch aus, befanden sich in der musikalischen Findungsphase und waren der Meinung, dass man die Qualitäten einer Rockband sowieso lieber live bewerten sollte.

Dann kam der NME und packte sie aufs Titelblatt. Ihre bis dato einzige Single "Best Of Friends" kürte man zur Single des Jahres, die Truppe selbst zur "besten Rockband Englands". Was bei den Strokes und The Libertines geklappt hatte, sollte doch schließlich auch ein paar Jahre später noch funktionieren.

Nun tragen die Männer also bildlich gesprochen das schwere Kreuz auf den Schultern, eine Musikrevolution auslösen zu müssen. Nägel und Hammer liegen schon bereit, Palma Violets können eigentlich nur verlieren.

Palma Violets, das sind im Grunde genommen vier Männer mit Vorliebe für schrammeligen Garagenrock und melodiöse Songstrukturen. Bei ihrer ersten Veröffentlichung "Best Of Friends" stimmt tatsächlich alles vom blechernen Lo-Fi-Sound über den lärmenden Gesang und die Bassline bis hin zur Unbeschwertheit wie Kurzweiligkeit des Songs. Was das betrifft, bin ich dem NME also äußerst dankbar für ihre Entdeckung, die mir sonst vielleicht verborgen geblieben wäre.

Nun ist es aber so, dass Palma Violets den Rummel um ihre Personen verständlicherweise nutzen. Fix musste also ein Album her, benannt nach ihrem Probe-/Aufnahme-/Konzert-/Partyraum Studio "180". Darauf elf Songs, 60er Jahre Garagenrock, bisschen Underground, Indie, Psychedelic, Pop – wenn man das so nennen will.

Die Lyrics sind knapp gehalten, Text scheint Mangelware, Energie haben sie schon – allen voran "Best Of Friends". Auch die zweite Singleauskopplung "Step Up For The Cool Cats" ist gut gelungen.

Trotz der britischen Wurzeln klingen die Gitarrenriffs von Palma Violets teils amerikanisch, beispielsweise bei "Tom The Drum" oder "Last Of The Summer Wine". Auch hier haben sie nicht viel mehr zu sagen als "Over and over again", aber nach einem so endlos langen wie guten Intro ist das schon in Ordnung. "We're growing up, we're growing up!"

Poppiger wird es bei "I Found Love", wobei der Klang zwischenzeitlich auch ins tief Schwere abdriftet. Ein wenig Gebrüll, Tempo gedrosselt und schon beginnt das arg melancholisch-romantische "Three Stars": "In heaven there is love that will put your mind at rest." Zwischenzeitlich überlegen es sich Palma Violets dann anders und ziehen mit Geschwindigkeit und Lautstärke der Drums an. Dieses Vorgehen ist vielleicht bezeichnend für das gesamte Album: Da ist vieles Gutes dran und vieles Gutes drauf, nur eben noch nicht ganz so ausgereift und durchdacht, wie es hätte sein können.

Sollte ich den Überwert dieser "best new band" nicht erkennen, kann ich wohl nicht errettet werden. Eine Krone jedoch werde ich Palma Violets ebenso wenig aufsetzen wie die Dornenkrone. Lassen wir die Kirche mal im Dorf und Palma Violets sein, was sie sind: Eine junge Band mit Potential und ganz spannenden Ideen und Spielspaß und für die Zukunft schau'n mer mal.

Trackliste

  1. 1. Best Of Friends
  2. 2. Step Up For The Cool Cats
  3. 3. All The Garden Birds
  4. 4. Rattlesnake Highway
  5. 5. Chicken Dippers
  6. 6. Last Of The Summer Wine
  7. 7. Tom The Drum
  8. 8. Johnny Bagga' Donuts
  9. 9. We Found Love
  10. 10. Three Stars
  11. 11. 14

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