laut.de-Kritik

Kein Ton zu viel, kein unnötiger Bombast ...

Review von

So, jetzt satteln wir das Pferd mal von hinten auf und linsen gleich in den Extrateil der DVD, wo es ein Interview mit Conte zu bewundern gibt. Der Piemontese ist ja des öfteren hierzulande zu Gast, um seine deutschen Fans zu beehren. Im Fernsehen ist er jedoch so gut wie nie zu sehen, und deshalb sollte das Gespräch mit Conte doch ganz unterhaltsam sein. Dort parliert der Graubart denn auch über seine Konzerte der vergangenen Jahre und ... äh, ja. Der Zuschauer darf hier bei den Untertiteln zwar einige Sprachen auswählen, was hier aber als deutscher Subtext tituliert wird, hat eher den Charme einer chinesischen Gebrauchsanleitung für ein Schweizer Taschenmesser, als dass der Originaltext verständlich ins deutsche Idiom übersetzt werden würde. Pfui, pfui für diese dilettantische Zumutung.

"Es ist klar, wenn man ein Album macht und dies nimmt man vor allem ab einem gewissen Alter wahr leidet man ein bisschen für die Beichte die sich in den Liedern - wenn auch nicht ausdrücklich - wieder findet, aber trotzdem gelangt etwas von dir selbst an die Öffentlichkeit umgewandelt in Liedern, in Musik, Wörtern, Gefühlen, Interpretationen trotzdem die Stimmung war heiter basierend auf der Freude einfache und natürliche Musik und Texte zu schreiben und zu arrangieren ..."

Um es mit Atze Schröder zu sagen: "Ja ne, is klar!". Und so verlassen wir das Tal der Tränen und schwingen uns in luftige Höhen. Will heißen, wir wenden uns dem zentralen Kapitel der DVD, nämlich dem Konzert in der Arena Di Verona zu.

Eine siebenköpfige Begleitband steht mit ihm auf der Bühne. Ohne allzu barock zu Werke zu gehen, begeistern Contes Mitmusiker mit einer ganz nah am Perfektionismus angesiedelten, akzentuierten Umsetzung der Arrangements. Kein Ton zu viel erklingt, kein unnötiger Bombast kleistert die Kompositionen zu. Sehr schön kommt dies beim Titelsong des letzten Studioalbums "Elegia" zum Tragen. Paolo Conte dringt mit der ihm eigenen Eleganz und reduzierter Instrumentierung bis ins Zentrum dessen vor, was man gemeinhin als die Quintessenz der Musik betrachten könnte.

Die optische Seite steht dem nicht nach. Im feinen Zwirn präsentieren sich sämtliche Protagonisten dem stattlichen Publikum. 12.000 Jünger an der Zahl lauschen andächtig den Klängen, die vom Altar, sprich: der Bühne ins weite Rund dringen. In der Tat macht sich bei den Anwesenden eine andächtige, sakrale Stimmung breit, die darin gipfelt, dass nach dem Applaus und vor dem Anstimmen des nächsten Liedes eine Stille herrscht, die wohl so nur in einer Kirche vorzufinden ist. Die Gemeinde hört aufmerksam zu und tut gut daran. An der Live-Umsetzung zu mäkeln, käme Gotteslästerung gleich. Lediglich die eintönigen Kameraeinstellungen langweilen auf Dauer.

Unnachahmlich auch, wie der Italiener an seinem Flügel sitzend ins Mikro grummelt. Gerade so, als ob er das ganze Konzert über immer wieder in eine äußerst saure Zitrone beißen würde. Nein, hierbei handelt es sich nicht um Selbstkasteiung. Vielmehr scheint Conte - oft mit geschlossenen Augen - vollkommen in seiner Musik aufzugehen und erst wieder in die Realität einzutauchen, wenn der enthusiastische Applaus einmal mehr aufbrandet. Das Publikum frisst ihm derweil brav aus der Hand und offenbart sogar Musikantenstadl-Qualitäten, wenn es teutonisch perfekt, stets zielsicher auf die Eins mitklatscht.

Zum Musiker, der lediglich das allseits geliebtes Best Of-Programm runter nudelt, taugt Conte kaum. Es beschleicht einen das Gefühl, dass er seine bekanntesten Songs eher störrischen Gemüts wider gibt, statt mit begeistertem Elan. "Via Con Me" sowie "Lo Zio" leiden etwas unter dem zu hektisch vorgegebenen Tempo, was das wunderbare "Molto Lontano" aber wieder wett macht. In seltener Pose - alleine am Mikro stehend - überlässt er seinen Stammplatz am Piano zwei Musikern, die ihn vierhändig begleiten. Oboe und Klarinette formen die sehnsuchtsvolle Stimmung aus, die dezent dazwischen geworfenen Disharmonien vollenden.

Wie auch bei der seinerzeit so lieblos veröffentlichten DVD zum Amsterdam-Auftritt zählt "Max" zu den Höhepunkten dieser Disc, was das Publikum genau so sieht. Zum krönenden Abschluss intoniert Conte nochmals "Via Con Me", mit gesanglicher Unterstützung seitens des Publikums, das dem furiosen Tempo beim Singen kaum hinterher kommt. Andere große Lieder wie "Blue Tangos" oder das allseits bekannt "Un Gelato Al Limon" lässt er in der Mottenkiste. Schade. Trotzdem sind ihm die stehenden Ovationen am Ende des Konzertes gewiss - verdient hat der knorrige Chansonnier sie allemal.

Ebendies kann man von der DVD nicht ganz behaupten. Die erwähnten - eher rar gesäten - Extras verhalten sich in etwa wie ein Feigenblatt, die etwas einfallslosen Kameraeinstellungen trüben die Exzellenz der Performance zusätzlich ein wenig.

Trackliste

Konzert

  1. 1. La Donna d'Inverno
  2. 2. Sparring Partner
  3. 3. Come-Di
  4. 4. Elegia
  5. 5. Sotto Le Stelle Del Jazz
  6. 6. Alle Prese Con Una Verde Milonga
  7. 7. Sandwich Man
  8. 8. Schiava Del Politeama
  9. 9. Genova Per Noi
  10. 10. Via Con Me
  11. 11. Molto Lontano
  12. 12. Bartali
  13. 13. Bamboolah
  14. 14. Lo Zio
  15. 15. Madeleine
  16. 16. Chissa'
  17. 17. Lupi Spelacchiati
  18. 18. Gioco d'Azzardo
  19. 19. Max
  20. 20. Diavolo Rosso
  21. 21. Eden
  22. 22. La Vecchia Giacca Nuova
  23. 23. Via Con Me

Extras

  1. 24. Backstage
  2. 25. L'Intervista

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