laut.de-Kritik
Revue einer großen Solokarriere.
Review von Giuliano BenassiMit Konzerten im öffentlichen Grün kennt sich der Singer/Songwriter bestens aus. 1981 feierte er eine grandiose Reunion mit Art Garfunkel im New Yorker Central Park, zehn Jahre später trat er dort wieder auf - solo. 2012 flog er über den Atlantik in den Londoner Hyde Park, um vor 60.000 Zuschauern seine Solokarriere Revue passieren zu lassen. Im Vergleich zum Central Park war das eine mickrige Zahl, im Gegensatz dazu mussten die Besucher zahlen. Und zwar ordentlich.
Simon bot dafür eine rhythmusgeladene, dreistündige Vorstellung mit zahlreichen Gästen. Fielen die ersten drei Stücke etwas holprig aus, jagte nach "Dazzling Blue", dem einzigen Song aus seinem damals aktuellen Album "So Beautiful Or So What", ein Highlight das nächste.
Das erste: Der Gastauftritt Jimmy Cliffs, "a personal hero of mine, a man whose music I admire immensely", wie Simon erklärte. Die Reggae-Größe durfte "The Harder They Come" und "Many Rivers To Cross" alleine interpretieren (nur auf DVD), bevor sich Simon zu "Vietnam" und dem eigenen "Mother And Child Reunion" dazu gesellte.
Mit "Hearts And Bones" aus seinem wenig anerkannten gleichnamigen Album von 1983 spielte er anschließend eines seiner schönsten Lieder, eine nachdenkliche Ballade, die während seiner stürmischen Beziehung zur Schauspielerin Carrie Fisher entstand. Übergangslos nähte er noch Junior Parkers Blues-Standard "Mystery Train" und Chet Atkins' Instrumental "Wheels" an.
Der größte Trumpf war jedoch die Wiedervereinigung mit vielen der Musiker, die an seinem erfolgreichsten Soloalbum, "Graceland" (1986), beteiligt waren. Die Mitglieder der Ladysmith Black Mambazo sind zwar nicht mehr dieselben, doch mit diesen Harmonien haut Gründer Joseph Shabalala den Hörer nach wie vor aus den Socken. Das Acapella-Stück "Homeless" klang noch tiefgründiger als auf dem Album, "Diamonds On The Soles Of Her Shoes" brachte das Publikum endgültig zum Kochen.
Bezeichnend, dass Simon an jenem Abend zehn von elf Stücke des Albums spielte. Unter die Räder geriet dadurch das Werk von Simon & Garfunkel, das er erst für die Zugaben aus dem Koffer kramte. "The Sound Of Silence" spielte er mit Akustikgitarre in derselben Version wie am 11. Spetember 2011 am Ground Zero, also ergreifender als die hochgelobte Version der Metal-Band Disturbed. Für "The Boxer" holte Simon den hochdekorierten Pedal-Steele-Spieler Jerry Douglas auf die Bühne, doch fehlte hier die zweite Stimme.
Die Taschentücher und Feuerzeuge weg gepackt, verabschiedete sich Simon mit den tanzbaren und von den Titeln her sicherlich nicht zufällig ausgewählten "Late In The Evening" und "Still Crazy After All These Years". Mit Letzterem erklomm Simon 1976 die Spitze der US-Charts und etablierte sich endgültig als Solokünstler.
Warum es fünf Jahre gedauert hat, um diese Aufnahmen auf CD und DVD zu veröffentlichen, bleibt das Geheimnis der Verantwortlichen. Am hässlichen Cover kanns nicht gelegen haben. Traurigerweise erwiesen sie damit dem anwesenden "Graceland"-Gitarristen Ray Phiri eine letzte Ehre. Er starb am 12. Juli 2017, zwei Tage vor der Veröffentlichung.
1 Kommentar
Finde ich persönlich nicht ganz so gelungen wie die neue "Präsentiert von".
Ziehe mir grad deren neue Scheibe "Smartphone mit 3GB LTE" rein und bin total geflasht. Was für ein Brett!!