laut.de-Kritik
Gelungene Retrospektive mit Coverversionen, Remixen und B-Seiten.
Review von Giuliano Benassi"Vergesst Britpop, Altherrenrock und all diesen zynischen Nonsense. Hier kam das Signal, das viele Leute erwarteten, um zu wissen, dass die wahre Musik wieder zurück war", schreibt Paul Weller über "Into Tomorrow", die erste Single, die er 1991 unter eigenem Namen nach der Auflösung von Style Council veröffentlichte. Angeberische Worte, die er durchaus mit Recht in den Mund nahm, wie "Fly On The Wall" erneut beweist.
Es handelt sich dabei um eine Sammlung von "B-Sides and Rarities" aus dem Zeitraum 1991-2002. Obwohl eine ordentliche Prise Großkotzigkeit notwendig ist, um damit drei CDs zu füllen, ist Weller nicht nur durch die schöne Verpackung und das aufwändig gestaltete Booklet ein kleines Juwel gelungen.
Kaum zu glauben, dass er bei "Here's A New Thing" von Selbstzweifeln geplagt war, wie er zugibt, so poppig frisch kommt das Stück mit Bläsereinsätzen, einer Querflöte und einem pumpendem Klavierriff daher. Die perfekte groovy Einführung für die erste CD, die zum Schluss Remixe von Portishead und Lynch Mob enthält. "Fly On the Wall" (was so was wie "ich bin nur ein kleiner Staubfleck irgendwo im Universum") bedeuten soll, und "This Is No Time" bietet dabei Gelegenheit zum Ausruhen.
Unter der Begleitung einer Akustikgitarre führt "The Loved" die eher ruhige zweite CD ein. Höhepunkte sind hier das countryeske "It's A New Day" und das an Nick Drake angelehnte "A Year Late". Von dunklen Gedanken geprägt, fast depressiv, klingen "As You Lean Into The Light" und "Everything Has A Price To Pay", bevor die Lautstärke zum Ende noch einmal in die Höhe und dieser Teil mit zwei tanzbaren Remixen zu Ende geht.
CD drei ist schließlich Coverversionen gewidmet. "Die meisten entstanden, während wir im Studio waren, nicht wussten, wie es weitergehen sollte und uns langweilten", erklärt Weller zwar im Booklet, für Lückenfüller hören sich seine Hommagen aber durchaus gelungen an.
Mit dabei: Traffic ("Feelin' Alright"), Neil Young ("Ohio"), Bob Dylan ("I Shall Be Released"), Ben Harper ("Waiting On An Angel") und Sonny & Chers "Bang Bang", das Quentin Tarantino in der Version Nancy Sinatras als Opener für seinen Film "Kill Bill" verwendete. Wellers großer Held scheint allerdings John Lennon zu sein: Nicht nur singt er "Instant Karma", er gibt auch "Sexy Sadie" und "Don't Let Me Down" von den Beatles wieder.
Ob der adrette Sänger im Gegensatz zu Oasis oder Blur nun tatsächlich die Musik neu erfunden hat, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall ist ihm mit "Fly On the Wall" eine tolle Retrospektive gelungen, die auch für diejenigen Sinn macht, die ihn bislang noch nicht kannten.
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