laut.de-Kritik
Wozu das ganze teure Equipment?
Review von Artur SchulzInternet- bzw. YouTube-Karrieren stellen im Bereich der Pop-Musik längst kein Novum mehr dar. Oft handelt es sich dabei um Eintagsfliegen. Bei Pentatonix liegt der Fall anders. Mit "PTX" präsentiert der US-Fünfer ein A-cappella-Album, bei dem oft genug kaum glaublich scheint, dass hier außer Stimmen (bis auf eine Ausnahme) keinerlei Instrumente zum Einsatz kommen.
Mit dem YouTube-Hit "Daft Punk" rufen Pentatonix auf Anhieb erfreute Verwunderung hervor. Nicht nur wegen des punktgenauen Gesangs, sondern vor allem mit der vokalen Umsetzung von Soundeffekten. Und es beschleicht einen der Gedanke: Wozu das ganze teure Equipment, wenn doch allein die menschliche Stimme in der Lage ist, all das blinkende High Tech-Gefiepe zu reproduzieren? Es genügt jemand vom Schlage des Beatboxers Kevin Olusola, den das Springen zwischen Pop,- Hip Hop,- und R'n'B-Elementen anscheinend überhaupt kein Problem bereitet.
Weiterer Pluspunkt: Technisch allzu hochgezüchtete Arrangements klingen häufig kühl und steril. Davor sind Pentatonix-Umsetzungen natürlich gänzlich gefeit. Gewöhnlich dominieren überwiegend männliche Vokalisten das A-cappella-Genre. Wieviel Abwechslung eine weibliche Stimme da mit hineinbringt, demonstriert Sängerin Kirstie Maldonado mit ihrer gesangstechnischen Bandbreite höchst beispielhaft.
Für "Papaoutai" bieten die Texaner Geigen-Girlie Lindsey Stirling als Gaststar auf. Sie setzt zwar ein paar hübsche und quirlig ausgespielte Akzente. Den nachhaltigeren Eindruck hinterlassen aber auch hier die fünf Vokalisten.
Der Lorde-Hit "Royals" scheint in der Pentatonix-Umsetzung seine eigentliche Bestimmung zu finden: Mit viel vokaler Finesse und hörbarem Spaß an der Sache konzipieren Pentatonix den Song als Gute-Laune-Nummer der freundlicheren Sorte.
Neben vier neu komponierten Titeln finden sich unter den 15 Tracks ausschließlich Coversongs. Erfreulich, dass das Quintett dabei nur wenig auf sattsam bekannte Hits zurückgreift. Obwohl unter- und miteinander harmonisch und wohltönend eingesungen, lassen die Tracks stets viel Raum für prägnante Solo-Passagen der einzelnen Bandmitglieder.
Über weite Strecken geht "PTX" als vorzügliche A- cappella-Tanzplatte durch. Balladen finden dennoch ihren Platz, wie etwa das dicht und atmosphärisch intonierte "Say Something" und natürlich im zart und filigran tönenden Schlussakkord "Run To You".
"PTX" bietet ein außergewöhnliches Hörvergnügen. So ganz nebenbei transformieren Pentatonix manche im Original gar nicht so prickelnde Nummer in einen tatsächlich spannend klingenden Song. Keine Frage: Derzeit tummeln sich Pentatonix als ganz fette Hechte im A-cappella-Karpfenteich.
1 Kommentar mit 2 Antworten
Selten etwas Widerlicheres gehört und gesehen. Aber ich bin schließlich auch keine 11 mehr.
widerlich ists nicht direkt. nur steril. extrem steril.
Genau das löst bei mir ja so einen Brechreiz aus. Es fühlt sich an, als würde mir jemand eine Mischung aus Sagrotan und Melkfett ins Ohr kippen.