laut.de-Kritik
Für die Albumlänge fehlt dem Enfant Terrible die Puste.
Review von Daniel StraubPhillip Boa & the Voodooclub dürfen sich zugute halten, Deutschlands träge vor sich hindösende Indie-Szene Mitte der 80er aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt zu haben. Plötzlich waren deutsche Bands auch jenseits der engen Landesgrenzen ein Begriff, was zuvor nur Ausnahmeerscheinungen wie den Einstürzenden Neubauten vergönnt gewesen war. An die Aufbruchsstimmung jener Tage kann Phillip Boa mit seinem neuen Album "C 90" nicht anknüpfen.
Zwar hat er seit seinem letzten Release "The Red" wieder den altbekannten Voodooclub um sich geschart und sich für "C 90" gar mit Pia Lund ausgesöhnt. Die hoffnungsvolle Vorfreude, endlich wieder Phillip Boa und Pia Lund zusammen auf einer Platte erleben zu dürfen, verpufft leider viel zu schnell. Die knisternde Spannung zwischen den beiden ist nur noch ein Rauschen, das merkt man jedem Song auf "C 90" an.
Selten nur noch funktionieren Phillip Boa und die Musiker vom Voodooclub als kreatives Kollektiv, das sich gegenseitig neckt und zu guten Songs inspiriert. Boa selbst gibt sich auf "C 90" altersweise und gelassen. Das passt nicht zum einstigen Enfant Terrible der deutschen Indie-Szene und tut seiner Musik nicht gut. Die kommt über weite Strecken ohne Biss daher, wie ein zahnloser Papiertiger.
Dass es durchaus auch anders geht, weiß Boa selbst am Besten. Lieder wie das halb-elektronisch dreckig rockende "Stuttershop" bleiben auf "C 90" leider die Ausnahme. Es drängt sich der Eindruck auf, als reiche die Puste von Phillip Boa und seinem Voodooclub gerade noch für eine Handvoll Songs. Eine ganze Platte übersteigt die Kondition dann aber doch um einiges.
Auch die wunderschöne Stimme von Pia Lund ist nicht der rettende Anker. "Down" erfreut mit zeitloser Schönheit, kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass der Musiker Phillip Boa ein gute Portion Wut in sich braucht, um gute Songs zu schreiben. Zu viel Harmonie und Eintracht taugen definitiv nicht als Quelle der Inspiration für einen wie Phillip Boa.
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