laut.de-Kritik
Was heraus kommt, wenn William Orbit mal nicht für Madonna mixt.
Review von Alexander CordasRemixalben sind eine diffizile Angelegenheit. Handelt es sich lediglich um lieblose Auftragsarbeit, enden sie nicht selten in einer hektisch zusammengeschusterten Beatorgie. Mit "Variation" wird Pierre Henry, einem Grandseignieur der elektronischen Musik, Tribut gezollt und der Nachwuchs darf sich an Material austoben, das schon geschrieben war, als die Remixer auf dieser Scheibe noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum marschiert sind.
Den Anfang des Reigens macht Norman Cook aka Fatboy Slim, der über das nicht sonderlich veränderte Psyche Rock seine typischen Beats geflatscht hat. Vielleicht hat der eine oder andere schon die ersten Folgen von Futurama gesehen und kann sich an die Titelmelodie erinnern, ja, das ist Psyche Rock. Das klingt dann schon ein wenig vorhersehbar, ist aber allemal gut tanzbar.
Dem lockeren Beat stampft "Tanzen Schwimmen Kirmes" mechanisch entgegen, fast ohne Melodie, dafür mit robotischer Monotonie. Diese beiden gegensätzlichen Remixe zeigen die ganze Vielfalt auf, die für "Variation" kennzeichnend ist. Da überrascht der Kojak-Mix von "Psyche Rock" nur beim erstmaligen Hören. Beim dritten oder vierten Umlauf passen sich die Deep House-Beats ganz selbstverständlich ins Gesamtbild ein.
Are 21 legen mit ihrer Version von "Symphonie Pour Un Homme Seul" eine Version vor, die der Soundtrack eines Film Noir sein könnte, sehr relaxt und düster. DJ Koze (Adolf Noise) hat "Some Wonderful Sounds" zusammen geschmissen und daraus einen witzigen Fiep-Knarz-Wummer-Cocktail gemixt. Nicht gerade leicht verdaulich, aber trotzdem interessant.
Was dabei herauskommt, wenn William Orbit mal nicht für Madonna tätig sein muss, hört man an seiner Version von Psyche Rock. Herrlich schräg, dann wieder straight voraus, unterbrochen von allerlei Klingklang, formidable! St. Germain, der französische House-Jazzer, überrascht ebensowenig wie Mr. Cook und liefert einen für ihn typischen Song ab, der auch auf seinem letzten Studioalbum enthalten sein könnte.
Die größte Überraschung ist jedoch Gabor Deutsch gelungen. Seine Interpretation hat mit Abstand den spannendsten Aufbau und würde sich als Begleitmusik zu jeder Verfolgungsjagd eignen.
Erfrischend, wieviel Mühe sich die Remixer mit den Stücken von Pierre Henry gemacht haben. Heraus kam eine etwas andere Zweitverwertung, fernab von dumpfem Holterdipolter.
Noch keine Kommentare