laut.de-Kritik
Der Rough Draft eines Meisterwerks.
Review von Mirco LeierMan muss schon fast ein ungesundes Maß an Selbstbewusstsein besitzen, um sich auf seinem gerade mal zweiten Album als "The Goat" zu betiteln. Polo G hat mit seinem Debüt "Die A Legend" jedoch schon letztes Jahr bewiesen, dass er auch das Talent hat, um dieses überhebliche Selbstbild zu rechtfertigen. Mit gerade einmal 21 Jahren gehört der Chi-Town Rapper bereits jetzt zu den talentiertesten Newcomern der letzten Jahre. Sein authentisches Storytelling, gepaart mit dem Mut, seine Finger in die klaffenden Wunden seiner Heimatstadt und seiner eigenen Biographie zu legen, verschafft Polo auf seinem Zweitling ein Alleinstellungsmerkmal, das ihm eine große musikalische Zukunft verspricht.
Die Lyrik des Amerikaners pendelt irgendwo zwischen dem brutalen Realismus eines Chief Keef und der akribischen, melancholischen Analytik eines J. Cole ein. Er bebildert seinen Alltag über weite Strecken der 50 Minuten so authentisch, dass einen die Tragik des Ganzen mehr als einmal beim Kopfnicken einholt. Schon das Intro "Don't Believe The Hype" setzt dahingehend die Messlatte hoch: "Always rap about the guys 'cause I genuinely miss 'em. Five years later, thousand tears later, still feel like the day when they hit 'em."
Und selbst auf sorglosen Bangern wie "Flex" oder "Go Stupid" schleichen sich Lines wie "I was in them slums, shit get dreadful like some haitian hair." ein. Polo G porträtiert die schlummernde Gefahr der Straßen seiner Heimatstadt als omnipräsent und impulsiv. Sein musikalischer Durchbruch gewährt ihm nur bedingt Distanz davon, rückt ihn unter Umständen sogar noch mehr ins Fadenkreuz. In der Making-Of Doku zu "The Goat" redet er mit dem Produzenten Murda Beatz über seine Jugend: "There's so many niggas I was going to school with, got killed on their way to school. [...] Some random shorties with clout, Facebook-clout, internet-clout. Just in the street, got their ass whooped on the way to school."
Die Gewissheit vielleicht der Nächste sein zu können, zieht sich parallel mit dem Bewusstwerden seines musikalischen Durchbruchs durch Polos Zweitling. Es ist ein ambivalentes Werk, getrieben von Enthusiasmus, Schwermut und Hunger, was "21", eines der absoluten Highlights der LP, gleichermaßen grausam wie hoffnungsvoll veranschaulicht. Mit dem Song feiert der Newcomer seinen 21. Geburtstag, setzt zum Sturm auf den Rap-Thron an und blickt mit nassen Augen auf vergangene Traumata und Drogenabhängigkeit zurück.
Auf "I Know" schenkt er jenen Traumata dann noch genauere Aufmerksamkeit. "How the fuck I wake up from a dream to a nightmare?" singt er müde, ehe er im zweiten Verse verdrängte Kindheitserinnerungen ausgräbt: "By his auntie, he was molested as a baby boy. Messed up his head, it even changed the way he played with toys. Up late night rappin’ and they told him to quit makin' noise." Das tut weh, sorgt für Gänsehaut und offenbart eine Verletzlichkeit, vor der ein Großteil seiner Zeitgenossen zurückschreckt.
Doch auch wenn er sich Themen annimmt, die weniger an die Nieren gehen, brilliert der Youngster. Der Lovesong "Martin & Gina" beispielsweise kommt mit einer der besten Hooks des Albums daher. Die bereits erwähnten Banger "Flex" und "Go Stupid" liefern großartige Features und bringen mit ihrem ignoranten Bass die Straße zum Beben.
Wie zuvor YBN Cordae oder J.I.D, schlägt Polo G mit "The Goat" musikalisch die Brücke zwischen alt und neu. Polo Gs Rapstil ähnelt zwar eher einem rhythmischen Singen, seine Skills am Mic dürften aber dennoch keinen Oldhead kalt lassen. Die Hooks orientieren sich währenddessen eher an modernen Pop-Rap-Standards, die Instrumentals legen vor allem Wert auf hämmernde Trap-808s.
Dieser Spagat gelingt trotz aller anfänglicher Euphorie jedoch nicht immer, was vor allem in der zweiten Hälfte den schwachen Beats und dem fragwürdigen Mixing geschuldet ist. Mit andauernder Spielzeit verschwimmt die Instrumentierung zu einem faden, uniformen Brei aus Trap-Trademarks, die man kaum voneinander unterscheiden kann. So liefern Songs wie "Relentless", "Chinatown" und das grausam abgemischte "Be Something (feat. Lil Baby)" wenig Replay-Value. Lil Babys Verse klingt als hätte er ihn auf einem Dosentelefon aufgenommen. Was schade ist, da Polos Pengame auch hier eigentlich wenig Grund zum Nörgeln liefert.
Es lohnt sich jedoch, bis zum Ende durchzuhalten, da die beiden finalen Songs das Album grandios abschließen. Mit "Trials & Tribulations" wirft er einen letzten betrübten Blick auf sein Comeup und verstorbene Freunde, ehe er sich mit "Wishing For A Hero (feat. BJ The Chicago Kid)" auf das "Bigger Picture" konzentriert und Antworten für den Zustand seine Community liefert: "It's hard to get a job, so we hustle and flip a pack. It's all a set-up, no wonder why they call this bitch a trap". Über eine geschmackvolle Interpolation von Tupacs "Changes" rappt sich Polo die Seele aus dem Leib.
"They killed Martin for dreaming and now I can't sleep": Inhaltlich bleibt er dem Original treu. Damit attestiert er nicht nur dessen Zeitlosigkeit, sondern wagt auch im Angesicht der aktuellen politischen Entwicklung eine niederschlagende Prognose: "Some things will never change, that's just the way it is". Ein sehr effektiver Closer, mit dem er die Aspekte, die er in den 50 Minuten zuvor thematisierte, in ein anderes Licht rückt.
"The Goat" wird seinem Titel zwar nur bedingt gerecht, markiert aber die Geburtsstunde eines weiteren Stars am Rap-Himmel. Es ist der Rough Draft eines zukünftigen Meisterwerks. Polo Gs Zweitling markiert in Sachen Flow und Pengame nicht nur eine artistische Progression von seinem Debüt, sondern stellt auch die Weichen für eine Karriere an dessen Ende vielleicht nicht der "Greatest Of All Time"-Titel stehen wird, aber zumindest ein bleibender Fußabdruck in der Musiklandschaft der 2020er.
3 Kommentare mit 18 Antworten
Jupelpersender adipöser Schwabe incoming!
Langweilig, 1/5 sollte klar sein!
Nö, keine Feierei, aber halt auch kein substanzloser Häid wie von einem badischen Bergsteiger mittleren Alters.
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Du meinst also substanzloser Haid ist nicht so deins?
Natürlich nicht. Ich häide nie grundlos. Dich häide ich zB, weil Du ein H******** bist.
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Könntet ihr alle mal die Schnauze halten wenn ich mich mit meinem Lieblingsspätzle unterhalte? Danke!
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
Endlich gibst du es zu! Für dich bleibt die Lehmhütte und die Hintertür immer offen.
Ich dachte, deine Hintertür gehört mir.
Hab ich doch schon oft, aber immer wenn ich einen Schritt auf dich zugehe gehst du zwei zurück, ohne darauf zu achten was da jedesmal in mir zerbricht!
Mannins Hintertür gehört Bushido ... er hat erzählt das er Anis früher "gefühlt" hat
Ehrlich, finde es gut das die Mannfrau so offensiv mit Ihrem Thema umgeht und sich nicht schämt. Haben schließlich 2020....Hintertür
Ist gut jetzt. Wir haben jetzt Alle verstanden, dass Du ein minderbemittelter Clout-Chaser bist, der versucht sich irgendwie an verdienten Nutzern emporzuziehen um hier mitreden zu können. Aber du kannst halt nicht aus Deiner Haut und bleibst dadurch halt ein Mirko und deshalb solltest Du Dich löschen.
Das du auch Dinge wie "Mannfrau" und "... mit Ihrem Thema umgeht und sich nicht schämt" als Provokation ansiehst, zeigt auch einfach überdeutlich was für ein reaktionärer HS du bist. Da kannst du auch noch so oft "Fight the power" auf deiner ClaTronic Anlage bis zum Anschlag pumpen
Ich liebe Eure Jugendsprache
Ihr zwei süßen Lautveterane ????????
Ami-Rap habe ich nun wirklich satt. Ich werde mir erst mal das neue Powerwolf Album anhören.
Das würde ich wirklich NIEMALS sagen!
Läuft mittlerweile raus und runter. Genauso wie der Vorgänger. Hat etwas gebraucht, bis ich mir das geben konnte. Für mich quasi Lil Baby oder Gunna in gut, bzw. Lil Durk mit weniger Autotune.
*rauf