laut.de-Kritik
Eine Flussfahrt ohne Wiederkehr: Tarantula A.D. waren gestern.
Review von Matthias MantheSchon Tarantula A.D. liebten den Schabernack. Fingierten ganz nach texanischem Vorbild eine Biografie, verquickten stante pedes ungefähr drei Jahrhunderte abendländischer Tonproduktion und lachten schallend aus, wer nicht auf Anhieb die geschickt gewebten Knoten dieses regenbogenfarben schillernden Spinnennetzes aus grellem Heavyrock, introspektiver Folklore und instrumentalem Klassizismus zu entfesseln wusste. Man hätte ahnen MÜSSEN, dass die drei Hallogenleuchten des New Weird America uns als Priestbird wieder an der Nase herumführen würden.
Hätte wäre wenn, "In Your Time" triumphiert so oder so über jede Mutmaßung. Ganz im Sinne des Debüttitels "Book Of Sand", der auf Jorge Luis Borges' Abhandlung über ein sich ständig wandelndes Buch verwies, verbieten uns die unter anderem Namen wiedergeborenen New Yorker, ein zweites Mal in den gleichen Fluss zu steigen. Statt dessen schnüren sie Sack und Pack zusammen (Gitarre, Bass, Schlagzeug, Violine, Klavier, Orgel, ganz frisch dabei: Vocals) und ändern mal eben mir nichts dir nichts den gesamten Flusslauf.
Prolog. Anstelle von epischem Orchestralismus sprudelt eine neue Kompaktheit durch das Hardrock-Sediment. Die frisch gestrandete Drei-Mann-Kapelle schraubt sich aus A.D.-Wrackteilen kurzerhand ein Floß voller Stoner-Reminiszenzen und beschwörender Verbal-Schamanismen zusammen. Kopfnickend im Riffplatzregen ("Life Not Lost") folgen sie auf Suche nach Rettung der schwer einsehbaren Wasserstraße.
Drama. Bald verliert man ob der psychedelischen Kräuter ("Season Of The Sun"), die überall an den Ufern wachsen, das Ziel aus dem Blick. Klavierklänge dringen aus dem Dickicht ans Ohr ("Guest Room"). Neblig wird der Blick, es bleibt nur ermattetes Flüstern ("Hand That Draws"). Gleichzeitig zerren die Verwirbelungen den Bretterverschnitt immer unnachgiebiger auf den schäumenden Abgrund zu ("Smoke And Pain"). Schließlich der tiefe Fall: Im Led Zeppelin-Strudel geht die Besatzung unter. Vorhang, Pause.
Epilog. Wogen glätten sich. Pastorale Erschöpfung unter Wasser, der Überlebenskampf endet ("In Your Time"). Harmonie. Bewegung nur noch auf kleinstem Raum. Ein Piano'n'Streicher-Exkurs ("Kliminz") erinnert an eine ergraute Vorzeit, das letzte Bellen ("Mandog"), dann völlige Stille. Doch die Musik erfüllt weiter die Luft. Für Album Nummer drei, unter welchem Namen auch immer, einfach keine Erwartungshaltungen aufbauen. Ist notiert.
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