laut.de-Kritik
Echter Pop-Punk, GmbH & Co. KG.
Review von Yannik GölzPop-Punk hat seinen Weg zurück in den Mainstream gefunden. Während Rapper wie Machine Gun Kelly oder Willow, die Tochter von Will Smith, sich in authentischer oder mal weniger authentischer Teenage-Angst suhlen und damit die Billboard-Charts auf links drehen, fallen den echten Punks mit Pop-Sensibilitäten die Haare an der Stirn aus und sie fragen sich, wie lange sie noch so intensiv depressiv sein können. "The Unraveling Of Puptheband" zeigt die kanadische Band Pup im Herzen dieses Selbst-Wiederfindungsprozess. Und sie beweist, dass auch die Zielgruppe Anfang 30, umgeben von Schlipsen, Networking-Events und Opportunitätskosten, ihr eigenes My Chemical Romance verdient.
"Too old for teen angst, too young to be washed" fasst Frontmann Stefan Babcock die Situation auf dem opulenten Schlusstrack zusammen. Im Grunde ging es in ihrem Bandprojekt ja schon immer darum, das Selbst in irgendeiner Form auseinander zu sezieren und die eigenen Dämonen so aufzubereiten, dass man damit die nächste Bar zerschrammeln kann. Daran ändert auch die etwas ambitioniertere Präsentation nicht. Pup schreiben weiterhin Hooks wie Genickschüsse. Und sie verlieren den Charme nicht, einfach nur eine extrem begabte Local-Band zu sein, irgendwie.
Trotzdem lassen sie sich komplett auf die Spezifika ihrer eigenen Situation ein – und es ist den Hörerinnen und Hörern überlassen, inwiefern sie diesem Vorstoß folgen möchten. Wahrscheinlich kann sich nicht jeder in den Schuhen der Struggles eines alternden Berufsmusikers in einem jungen Genre identifizieren. Muss man aber nicht. Denn das knirschende Persiflieren von Business-Kultur und hohlen Geschäfts-Phrasen auf der Song-Trilogie "Four Chords" schafft einen bleibenden Eindruck von diesen endlosen Doldrums zwischen der Quarter-Life-Crisis und der Midlifecrisis.
Und es sind ja nicht nur diese Songs, die diese sehr spezifische Wut kanalisieren, einem nicht endenden Meeting beizuwohnen, während man sich in selbstgewählten Karrierepfad zunehmend entfremdet fühlt. "Matilda" singt aus der Perspektive einer vernachlässigten Gitarre und wird viele Menschen erwischen, die ihre Hobbys und Ambitionen gerade viel mehr auf dem Dachboden stauben lassen als Stefan Babcock. "Robot Writes A Love Song" passt thematisch wohl am wenigsten auf die Platte, aber Pup wären wahnsinnig gewesen, wenn sie diesen existentiell überforderten Hammer-Refrain über einen verliebten Roboter im Turing-Test nicht auf die nächste Platte nehmen, die sie aufgenommen haben.
"There's no more searching for answers / Better leave it anyway / You wonder how it'll feel like / When he gets to be your age" resümiert die Band auf dem melancholischen "Cutting Of The Corners" und schließt das Kapitel dieses Albums, dessen Konzept man am besten unter Burn-Out-Punk subsummieren könnte. Im Direktvergleich fühlt es sich witzig an, dieses Tape neben unverkopftem, oberflächlich nostalgischen Pop-Punk in den Charts zu sehen. Denn während die jungen Bands unverhohlen in eine als weit genug entfernte Vergangenheit greifen, gibt es Bands wie Pup, die die ganze Generation lang trotzdem die Kette gehalten haben. Und vielleicht ist die neue Realness, die man zur existenziellen Angst serviert, ein ausgebrannter Zynismus. Der hat auf jeden Fall selten so viel Spaß gemacht wie auf "The Unraveling Of PupTheBand".
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