laut.de-Kritik
Wenig Seele, wenig Bass.
Review von Lisa Wörner"Fear of God niggas, got me feelin' like Pac / This the realest shit I ever wrote." So verabschiedet sich Pusha T im Outro. Gott und die Welt scheinen großen Wert darauf zu legen, etwas 'Ehrliches', 'Authentisches' machen zu wollen. Diese löbliche Intention steht jedoch nicht zwingend in Allianz mit herausragender Qualität.
Realness spielt im Hip Hop natürlich eine große Rolle, aber in Zeiten eines Kendrick Lamars hats die nicht ganz leicht, wenn sie sich in ewig gleichen Raps mit konsequent immer gleichgesetzter Betonung um die eigene Achse dreht. "It's the new God flow, ain't it."
Wer darauf hofft, von "Fear Of God 2" in welcher Form auch immer, bekehrt zu werden: Weder Inhalt, noch technische Raffinesse, Flow oder Beats reißen wirklich vom Hocker. Die hochkarätige Besetzung der Features und Produzenten (Bangladesh und Pharrell Williams) wirft hier bis auf die Ausnahmen "Raid", "Trouble On My Mind" und "I Still Wanna" einen eher mageren Knochen zum Fraß vor.
Bereits der erste Track "Changing Of The Guards feat. Diddy" lässt wenig Gutes verheißen. "Heavy is the head that wears the crown / These niggas head is too light / Put the Fear of God in these niggas Pusha", startet Diddy - übrigens sein einziger Part in diesem Feature. Was folgt, zwingt einen wirklich in die Knie - nicht vor Gottesfurcht zitternd, sondern vor Langeweile die Körperspannung verlierend.
Leere Beats mit nervenden Synthieloops und durchweg immer gleich klappernden Snares gereichen auf Tracks wie "What Dreams Are Made Of" oder "Obvious" zu einem fleischlosen Vergnügen. Den Hooks fehlt in den meisten Fällen die Eingängigkeit, von Einfallsreichtum ganz zu schweigen. So begnügt sich "My God" mit einem monotonen "My God, my God, my God - yes - my God, my God, my God …" in Slowmotion. Auf jeden Fall ein Mantra. Ein "This is the end for all my unrecognized greatness / I'm here now, nigga, pardon my lateness" wirkt da leider auch nicht überzeugend.
Vielleicht verstehe ich tatsächlich dieses "Minimal the Hip Hop" nicht, aber Track für Track darauf zu warten, dass endlich mal ein deeper Bass, ein gutes Sample oder eine eingängige Melodie die Seele in Schwingung versetzt: "It's like an itch you can't scratch." I can't get no satisfaction.
Was ein echt verhaltener Beat ist, kann auf "Amen feat. Kanye West and Young Jeezy" nachgehört werden. Da kann leider auch ein Kanye West mit einem durchaus passablen Part nicht mehr viel reißen: "And you might get pneumonia / I'm colder than an elf on a sleigh / Uh, me and Pusha back on it / now everybody help us pray." Ein weihnachtliches Bild und eine zur Abwechslung mal richtig eingängige Hook – ansonsten: Vegan-Hip Hop at ist best. Noch nich mal Butter aufm Brot!
Dass Hip Hop immer häufiger meint, ganz ohne Samples auskommen zu müssen, ist ja nichts Neues. Aber manchmal bleibt das Gefühl, dass eine Leerstelle bleibt, die viele nicht zu füllen vermögen.
Der minimalistische, von Pharrell produzierte Beat "Trouble On My Mind feat. Taylor, The Creator", der praktisch nur aus Rhythmus-Instrumentals und spärlichem Synthie-Einsatz besteht, schafft es hingegen trotzdem Atmosphäre zu erzeugen. Der Creator reißt mit gewohnt coolem Flow das Ruder an sich: "I'm a problem cause I wanna fuck the world but not a fan of using condoms / Pardon my french, I'm going hard as my dick / When I envision my tip on the crust of bitch's lips." Seinen Gastgeber drückt er ordentlich an die Wand. Auch Rick Ross und Ab Liva liefern auf dramatischem, mit Chor unterlegtem Beat routiniert ab ("I Still Wanna").
Richtig Charme hat die Nummer "Raid feat. 50 Cent and Pharell": Der verschrobene Beat mit jazzigem Pianoloop trägt richtig gute Flows. Hier ist endlich mal was dran am Knochen. Auch Pharells Hook geht ins Ohr: "It's like Raid! A nigga wanna sing but he is the dopiest / Watch that nigga disappear, hocus pocus". Das Ding hat Seele und pumpenden Bass.
Den und sogar mal was richtig Melodisches bekommt man auch dem letzten Track "Alone in Vegas" zu spüren. "I let you into my diary to admire me / The make up of this man / I let you see the higher me / The self righteous drug dealer dichotomy."
Fear of God ist nie verkehrt. Lasset uns also gemeinsam beten, dass das nächste Album etwas mehr Seele in den Beats und mehr Innovation in die Raps bringt. Wir wollen mehr Fleisch. Musikalität! Flow! Bass! Amen.
1 Kommentar
Ah ja, das Cover ist absichtlich auf billig und oldschool gemacht (vermutlich professioneller Grafiker + 10 Stunden Photoshop), der Name und die Schriftart genauso 90er und "real", aber alleine 9 teure Features.
Nummer 127, willkommen in der Plastik-Armee.