laut.de-Kritik

Ruppigem Toasting stellt sie beseelten Gesang gegenüber.

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Wenn man Queen Ifrica überhaupt etwas vorwerfen will, dann die Entscheidung, "T.T.P.C.N." an den Anfang ihres Albums gesetzt zu haben. Eine Würdigung des Gemeindezentrums ihrer Heimatstadt: schön und gut. Eine Art Gottesdienst in familiärem Rahmen: sicher eine angemessene Form, "thanks and praises" zum Ausdruck zu bringen.

Dennoch: Ein nicht hundertprozentig dem Conscious Reggae zugetanes Publikum dürfte sich von der mehr als fünfminütigen Kombination aus Trommel, Gruppengesängen und Predigten mit Sicherheit abschrecken lassen. Zudem zeigt diese Eröffnungsnummer zwar Queen Ifricas spirituelle Seite, lässt aber gleichzeitig nicht ansatzweise ahnen, welch vielseitige, absolut beeindruckende Sängerin in ihr steckt.

Jene heißen wir erst im Anschluss in ihrem Geburtsort Montego Bay Willkommen: Statt auf wuchtige Synthie-Beats setzen sie und die Riege bewährter Produzenten in ihrem Rücken auf handgemachte, organische Arrangements. Trockene Drums, gedämpfte Bläser, hin und wieder eine zarte Akustikitarre oder auch ein dubbiges Echo: "Dancehall Unplugged", möchte man schreiben - und griffe damit zu kurz.

"Montego Bay" bietet darüber hinaus traditionelle Reggaetunes wie "Far Away". Im hüpfenden Groove von "Don't Sign" stecken noch deutlich erkennbar die Wurzeln des Genres - im Ska. Zur Vollendung führt all das jedoch erst Queen Ifricas Gesang. Sie verblüfft insbesondere mit ihrer Variationsbreite. Harschem, ruppigem Toasting wie in "Yard To The East" stellt sie beseelten Gesang gegenüber.

Nummern wie "In My Dreams" oder das dank seiner Gefühlstiefe kraftvolle und irgendwie sogar tröstliche "Streets Are Bloody" zeigen: Diese Lady könnte mühelos auch Soul- oder Blues-Titel interpretieren.

"We can't take no more slackness." Queen Ifrica steht mit ihrer ganzen Person hinter dem, was sie singt. Anders wäre das Hin- und Herschalten zwischen der Position eines verängstigten Kindes und der eines an das Umfeld appellierenden Beobachters in "Daddy" derart glaubwürdig kaum möglich.

Der Tune, der trotz der Bestrebungen ihn aus dem Programm öffentlicher Radiosender zu verbannen, die Spitze der jamaikanischen Charts erklomm, thematisiert Gewalt und Missbrauch innerhalb von Familien in quälender Unzweideutigkeit. "Wenn eine Gesellschaft von Gewalt überschwemmt wird, müssen wir da hinschauen, wo diese gewalttätigen Tendenzen entstehen", so Queen Ifricas Überzeugung.

Genau hinsehen: ohnehin ihre Paradedisziplin. So zeigt die Stadtführung durch "Montego Bay" die krassen Diskrepanzen zwischen den Nobelabsteigen für Urlauber und dem gleich nebenan auf den Straßen allgegenwärtigen Elend auf. Queen Ifrica fordert: "Fight for equality, stand up for justice!"

In ihrem Fall verkommen derlei Kommandos nicht zu hohlen Phrasen: Queen Ifrica engagiert sich ganz handfest für ein friedlicheres Miteinander in Kingston. "A lioness is on the rise, don't you ever have doubt." Bleibt zu hoffen, dass ihr Schlachtruf Gehör findet.

Trackliste

  1. 1. T.T.P.N.C.
  2. 2. Welcome To Montego Bay
  3. 3. Coconut Shell
  4. 4. Lioness On The Rise
  5. 5. Yard To The East
  6. 6. Far Away
  7. 7. Don't Sign
  8. 8. Daddy
  9. 9. Keep It For Yourself
  10. 10. Calling Africa
  11. 11. In My Dreams
  12. 12. Streets Are Bloody

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