laut.de-Kritik
Sternstunden der MTV-Ära.
Review von Kai ButterweckÜber Jahre hinweg galt der Besitz der beiden MTV-Unplugged-Sessions aus den Jahren 1991 und 2001 als wertvollstes Hab und Gut bei R.E.M.-Anhängern. Bis heute. Mit der Veröffentlichung des Doppelalbums "Unplugged: The Complete 1991 & 2001 Sessions" präsentieren Michael Stipe und Co. zwei der letzten verborgenen Schätze ihrer Karriere.
Um die Freude über die seinerzeit im TV ausgestrahlten Stücke noch zu steigern, kommt die vor drei Jahren zu Grabe getragene Band aus Athens, Georgia nicht nur mit einem Best Of-Paket um die Ecke, sondern serviert uns die kompletten Recordings beider Auftritte. So kommt der Fan neben Evergreens wie "Radio Song", "It's The End Of The World As We Know It" und dem obligatorischen Über-Hit "Losing My Religion" auch in den Genuss von bisher verborgenen Perlen à la "The One I Love", "Get Up" oder "Sad Professor".
"Losing My Religion" ist im Übrigen der einzige Song, den die Band an beiden Abenden vorgetragen hat. Große Unterschiede lassen sich jedoch kaum ausmachen. Musikalisch fast identisch, weist lediglich Michael Stipes Gesangsvorstellung auf die dazwischen liegende Zeitspanne von zehn Jahren hin. Während sich der Sänger auf der '91er-Version nur selten von der Melodieführung des Originals entfernt, präsentiert er sich zehn Jahre später weitaus relaxter. Hier wird nicht mehr jeder hohe Tongipfel mühevoll erklommen – was zählt ist der Vibe, und der kommt 2001 eher gereift und tiefenentspannt rüber.
Überhaupt macht die Band im Jahr der Amtseinführung von George W. Bush einen wesentlich unaufgeregteren und gefestigteren Eindruck. Vielleicht liegt es am Fehlen von Drummer Bill Berry, der die Band vier Jahre zuvor mit der Verkündung seines Ausstiegs erstmals in ein tiefes Loch fallen ließ. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Band nach zehn Jahren auf der Überholspur einfach keinen Druck mehr verspürte.
Doch egal ob das etwas hibbeligere Akustik-Debüt oder der gesetztere zweite Auftritt unter dem legendären MTV-Unplugged-Banner: R.E.M. beweisen an beiden Abenden, dass sich kaum eine andere Band weniger Sorgen um einen plötzlichen Stromausfall auf der Bühne machen musste, als die Herren aus dem Südosten der USA: "Wir hatten nicht umsonst so viele akustische Elemente in unseren Songs. Wir wollten nichts kaschieren und nichts vorgaukeln. Ein Song, der akustisch nicht funktioniert, ist in meinen Augen kein guter Song", so Michael Stipe. Recht hat er.
1 Kommentar mit einer Antwort
Kai, der Staat Georgia liegt nicht im Suedwesten der USA.
südosten natürlich, auweia