laut.de-Kritik
Saufen, Frauen und Sportwagen. Mit ganz viel Seele.
Review von Stefan JohannesbergDie RZA-Saga, dritter Teil. Nach "Bobby Digital in Stereo" und "Digital Bullet" fährt Wu-Tang-Boss Robert Diggs mit der künstlerischen Aufarbeitung seiner Lebensgeschichte fort. "The Birth Of A Prince" - Vom partysüchtigen Halbstarken Bobby Digital zum etwas reiferen Prince Rakeem. Bevor jedoch Staten Islands Thronfolger auf den letzten vier Tracks nach der Krone greift, kehrt der RZA musikalisch und lyrisch in seinen Bobby-Charakter zurück. Motto: Saufen, Frauen und Sportwagen.
"All We Wanna Do Is Drink, Smoke And Fuck", krakeelt er auf der gleichnamigen Party-Hymne. Auch die frisch gezapften, kühlen Blonden aus deutschen Landen haben es dem Wu-Mastermind angetan. "German Beers, Heineken, Becks, Bud for your rednecks". Als Fundament benutzt er wie erwartet seine Digital Electronics - chaotisch brüchige Keyboard-Sounds, die immer auf dem schmalen Grad zwischen dünn und genial wandern.
Als ungestümer Bobby darf der RZA nicht nur feiern, sondern teilt auch ordentlich an andere Rapper aus. In der krachigen, ersten Hälfte von "The Grunge" antwortet er Südstaaten-Rookie David Banner, der den Wu-Tang Clan ob seiner abgehobenen Texte gedisst hatte. "And ya'll crabs down south, you ain't got a clue. How it feel to slip in that papi chino power u". Zur zweiten Hälfte switcht der Song zu einem straighten Tune mit funkigen Live-Drums. Inklusive der Bobby Warnung: "Ya'll floss like ya'll Jay-Z and Puffy's. You get robbed, bucked down by a crazy Cuffie".
Klar, Klappern gehört zum Handwerk und schnelle Autos zum Cruisen, wie der Meister und Kollege Ghostface auf dem mit bluesigen Piano-Loops nach vorne preschenden "Fast Cars" beweisen. Ansonsten bietet Bobby Abwechselung pur. Ob gepfiffene Klaus Meine-Styles auf "The Whistle", Bongos und blubbernde 80er-Reminiszenzen ("Bob N' I") oder digitaler G-Funk "We Pop", die Musik steht trotz Gästen wie ODB, Masta Killa oder Cilvaringz und coolen Wortspielen wie "How i gladiate, take men like Maximus" im Vorderground.
Einzig das mit der Division aufgenommene "Drop Off" fällt dank ganz lahmer Atari-Sounds negativ aus dem Rahmen. Dagegen versprüht der zweite Division-Auftritt "Wherever I Go" mit traurig eingängiger Melodie den Charme der Einsamkeit auf der Straße. Bobby ist mittlerweile nachdenklich geworden. Es muss doch mehr als Sex, Drugs And Hip Hop geben. Zum Glück steht am Ende des Songs Mentor und Ex-Gangsta Daddy-O parat, um dem Bobby "Knowledge, Wisdom And Understanding" näherzubringen.
Und der reife Robert setzt die Anweisung künstlerisch um. Während "Koto Gotan" mit einem bluesig schweren Gitarrenloop die Luft aus der Magengrube treibt, geht er mit dem vom Niederländer Bronze Nazareth produzierten "A Day To God Is 1000 Years" tief. Ganz tief. Tiefer als der Mariengraben. Die Flöte summt sich hypnotisch und melancholisch in die Synapsen, und das gepitchte Vocal-Sample peept gleich hinterher. Bobby selbst droppt "Wissen ist Macht"-Zeilen wie zu späten "Gravediggaz"-Zeiten, die im Gänsehaut-Refrain enden: "A day to God is a thousand years. Men walk around with a thousand fears. The true joy of love bring a thousand tears. In the world of desire, there's a thousand snares".
Eher eine musikalische Weiterentwicklung zeigt das wahnsinnige "Cherry Range". Über wummernde Neptunes-Elektros legt der Prince melancholisches Piano-Geklimper. Die Metamorphose ist beendet, denn im Intro zu "The Birth" fordert der werdene RZA: "Don't ever call me Bobby no more, my name is Prince Rakeem!" Das ist die Rückkehr zum Anfang der Neunziger, als er unter diesem Alter Ego auf Tommy Boy seine erste Single "Ooh, We Love Rakeem" veröffentlichte.
"The Birth" ist ein weiteres Highlight vom besagten Bronze Nazareth, das mit Soul To The Fullest ebenfalls in die Tiefen der Seele fährt. In die Genitalgegend drängt dagegen das langsame "See The Joy". Der Prinz als Spermazelle, ein irrwitziges Gleichnis. Spermie RZA auf dem Weg in den Mutterschoß, "like a new nigga walking from the projects". Das "The Cure"-Album, für das der RZA seit Jahren seine besten Beats hortet, kann kommen, muss kommen. Zwar hatte er schon am Ende von "Digital Bullet" die Wandlung zum jetztigen Ich vollzogen, doch nun darf die Heilung des Hip Hop nicht mehr warten.
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