laut.de-Kritik
Leider nur Racke Rauchzart statt ordentlichem Scotch.
Review von Artur SchulzEin singender deutscher Schauspieler. Warum nicht? Die hiesige Filmindustrie hat in ihrer Vergangenheit achtbare Sangeskünstler hervorgebracht, beispielsweise die faszinierende Marlene Dietrich oder die famose Hildegard Knef. Hans Albers' Reeperbahn-Melancholien sind eh unantastbar. Und dank der freundlichen Patina von vorübergestrichenen Jahren duftet sogar Curd Jürgens' Sprechsang-Leistung "Kalter Kaffee" inzwischen äußerst appetitlich.
Doch es gibt natürlich auch die dunkle Seite: Man denke da beispielsweise an die Ergüsse der Mimik-Minimalistin Katja Riemann. Wahrscheinlich war sie gemeint, als Harald Schmidt, nach seinen unangenehmsten Gästen befragt, einst anmerkte: "Deutsche Schauspielerinnen, die an ihrer Kunst leiden." Oder Ben Becker mit seiner völlig mißratenen Brian Jones-Anmaßung, in einer Liga spielend mit diesen ganzen ausdruckslosen Was-mach-ich eigentlich-im-Plattenstudio-Trinen. Egal. Verlassen wir dieses betrübliche Thema, schließlich geht es hier um eine CD-Rezension.
Und zwar um die von "One Heart", dem ersten Longplayer des Schauspielers Ralf Richter. Beim Opener "Make My Day", macht sich zunächst ein fröhlich-amüsiertes, wohlwollendes Schmunzeln breit: Wer es schafft, in noch nicht einmal einer Minute einen so hemmungslos-symphatisch geklauten Mix aus Isaac Hayes' "Shaft", Barry Whites "Never, Never Gonna Give You Up" und "Papa Was A Rolling Stone" von den Temptations vorzustellen, macht Laune. Zumal die Plagiate dermaßen offensichtlich sind, dass man nicht von Klau, sondern eher von liebevoller Hommage sprechen kann. Richters Racke-Rauchzart-Nichtsingstimme kommt hier angenehm rüber.
"Cadillac Cruisin" soult und groovt flott-entspannt die Autobahn entlang. Doch damit sind die guten Momente des Albums schon ziemlich vorbei. "I'm Free" erinnert von Aufbau und Instrumentierung her an die frühneunziger Werke des Schauspielkollegen Ochsenknecht, die bereits damals recht abgedroschen daherkamen. "After You" verliert sich stimmlich in Bluesrock-Gegrummel. In "Change Your Life" taucht der "Papa" der Temptations schon wieder im musikalischen Hintergrund auf. Den "Lovemaker" mimt Ralf Richter ziemlich selbstbewusst und persönlich – hier stehen erneut die im Opener zitierten White-Sounds an der Schlafzimmertür. Zwischendurch werden in den Songs Zigaretten geraucht, Drinks genossen, und als Intro kreischt mal eine Kreissäge. Öfter mal gibt es ein kehliges "Make Love, Bebääh" oder zur Abwechslung "I’m Gonna Work It, Bebääh". Die Babes sind allgegenwärtig in Ralf Richters (Musik-)Welt.
Ein gruseliger Tiefpunkt ist die Coverversion von Lee Marvins klassischem "Cowboy-reitet-einsam-in-den-Sonnenuntergang"-Heuler "Wandering Star." Das Richter-Arrangement erinnert dabei an ein durch bundesdeutsche Prärien zockelndes, klappriges Pony. Noch grausiger gestaltet sich der Schlussakkord "Wonderful World", bei dem der Schauspieler besonders eindrucksvoll präsentiert, was auf diesem Album alles daneben gegangen ist: Oft liegt er fröhlich neben dem Ton und presst in seiner einzigen Stimmlage kehlige Laute über den Song. Uff. Das ist nichts. Schade, denn begonnen hat "One Heart" durchaus hoffnungsvoll. Sicher ist die Platte mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Richter hat seine positiven Momente. Doch auf Albenlänge gesehen ist das dann alles leider etwas zu wenig.
Trotz aller Mängel wirkt Ralf Ralf Richter nicht unsymphatisch. Er scheint Seele zu haben. Das prädestiniert ihn zum Beispiel für eine tragende Rolle in der kommenden Kinoverfilmung des TV-Klassikers "Raumpatroullie Orion". Wenn denn Bernd Eichinger endlich einmal konsequent Eier zeigen würde, anstatt halbherzig die "Fantastic Four" zu verwursten. Ralf Richter an der Seite von Dietmar "McLane" Schönherr – könnte eine verdammt spannende Sache werden, wenn denn die Filmschaffenden in Deutschland mal auf die Idee kämen, interessante und populäre Stoffe für ihr Publikum in Szene zu setzen. Die Auslastung heimischer Schauspieler tut not. Und sei es nur, um sie vor dem Gang ins Plattenstudio zu bewahren.