laut.de-Kritik
Kinks-Essenz mit starker Gästeliste.
Review von Josef GasteigerDas Patent auf großartige Musik und unendliche Streitereien unter Brüdern halten nicht etwa Oasis. Nein, denn das konnten die Kinks schon in den 60ern. Da die Eieruhr für eine Reunion der Streithähne Dave und Ray Davies bald abläuft, hält zumindest eine Duettsammlung alter Kinks-Klassiker den großen Bruder mit "See My Friends" im Gespräch.
Das gefährliche Unterfangen, sich am eigenen legendären Werk zu vergreifen, entschärfte der Sänger mit hochkarätiger Gästeliste. Viele drückten ihren eigenen Stempel in Studio oder Gesangskabine auf, andere hielten sich andächtig ans Original.
"Better Things" etwa erschien ein Jahr nach Springsteens "The River" und hätte da bestimmt auch Platz gefunden. Der aufbauende "Yes, we can"-Song passt perfekt zu Bruce' Reibeisenstimme - das Einstandsduett. Obwohl man hier die Unterschiede zum Original mit der Lupe suchen muss, versammelt Ray auf diesem Album mehr als nur Soundupdates seiner alten Hits. Zumal die Songauswahl schier perfekt zu den mitwirkenden Künstlern passt.
Da New Jersey und London sich schon im Opener gut verstehen, wählten Jon Bon Jovi und Richie Sambora den Ruhm-Abgesang "Celluloid Heroes". Wie von den Soft-Rockern gewohnt, wird der Song größer, dicker und pathetischer, wäre aber immer noch einer der besten Bon Jovi-Songs der letzten 20 Jahre. Besonders Samboras verzierende Leadgitarre gefällt.
Den größten Sprung zum originalen Kinks-Sound legten die Schwermetaller von Metallica mit einer der größten Kinks-Singles zurück. "You Really Got Me" gehört zu den ersten Punkrocksongs, und das zu einer Zeit, in der Johnny Rotten Punk nicht mal buchstabieren konnte. Metallica verpassten dem Song zwar ein frisches, hartes Gewand, das aber leider den Charme des Originals erstickt.
Besser machen es der überaus sympathische Beitrag von Amy MacDonald auf "Dead End Street" oder die groovende Version von "Lola" mit der englischen Newcomerin Paloma Faith. Das Lied über einen Pariser Transvestiten hüpft augenzwinkernd zwischen den Generationen hin und her, die Davies von der Dame trennen.
Auch Gary Lightbody von der Schneeräum-Truppe könnte mit Leichtigkeit der Sohn seines Duettpartners sein. Das schwebende "Tired Of Waiting" befindet sich weitab irgendeines "Chasing Cars"-Kitsches - eine stimmige Performance liefert Lightbody trotzdem ab.
Im hinteren Drittel der Scheibe liefert sich dann die Indie-Oberliga ein Stelldichein. Spoon, Black Francis und Oberkürbis Billy Corgan gruben alle ihre Lieblingssongs aus und sangen um die Wette. Besonders Spoons Wahl "See My Friends" passt perfekt zu der Klangwelt der Texaner. Ebenso sicher verwandelt der wunderbare Alex Chilton die powervolle Vorlage auf " 'Till The End Of The Day", Davies hält sich hier fast vollkommen im Hintergrund und legt nur Harmonien über Chiltons Vocals.
Es liegt an der Klasse von Davies' Freunden, dass der Fanschar größere Verbrechen an Kinks-Songs erspart blieben. Trotz und wegen des Alters ist das Songwriting ein Lehrstück in Sachen einfacher und kraftvoller Rockmusik.
Die Kinks-Essenz wurde von den vielen Stars weder verwässert noch verdichtet, sondern wieder ein kleines Stückchen ins kollektive Gedächtnis geholt: It's really good to see you rocking out, Mr. Davies.
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