laut.de-Kritik
Knitterfreier Indie-Pop aus Frankreich.
Review von Martin LeuteIn Frankreich sind Rhesus keine Unbekannten mehr. Von dem französischen Musikmagazin "Les Inrockuptibles" wurden sie zum "Best Newcomer of 2005" gekürt. Und sie hatten bereits das Vergnügen, den Opener für namhafte Bands wie Franz Ferdinand und The Libertines geben zu dürfen. Bei Rhesus handelt es sich um ein Trio aus Grenoble - Laura (Bass, Gesang), Aurélien (Gitarre, Keyboards, Gesang) und Simon (Schlagzeug, Keyboards) - dessen Debütalbum nun auch in Deutschland erschienen ist.
Der Titel "Sad Disco" führt in die Irre, da das Album weder besonders traurig noch nach Disco klingt. Lustvolle Sentimentalität trifft da schon eher zu. Rhesus spielen lässigen, melodischen Gitarren-Pop mit englischen Texten und erheben berechtigten Anspruch auf den internationalen Durchbruch.
Auréliens Stimme lässt sich mit der des James-Sängers Tim Booth vergleichen, die Strukturen der melodischen Songs erinnern gelegentlich an die von Nada Surf. Damit ist ein Anfang gemacht, sich dem musikalischen Kosmos dieser Band zu nähern.
Das Repertoire umfasst kraftvolle Nummern wie "Bikini Test", "Just let go" und "Daylight", zu denen man durchaus locker die Hüften schwingen kann. Unbeschwert rockig wird es dagegen in "You and Me". Daneben prägen ruhigere Stücke das Album, immer mit dem Hang zu zurückhaltenden, aber unverschämt melodischen Refrains ("Back in town", "Anytime").
Die größten Momente finden dann statt, wenn sich Auréliens und Lauras Stimmen ineinander weben oder sanft ergänzen wie in "Sad Disco", Get over it" oder "Afternoon". Die Instrumentierung der Songs ist durchweg effektfrei und unaufdringlich, was als angenehm bezeichnet oder aber als Kritik ausgelegt werden kann, weil das Album keine spielerischen Brüche aufweist und ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass es manchmal zu glatt und süß daher kommt.
Wer aber auf knitterfreien Indie-Pop steht, liegt mit Rhesus' Erstling allemal richtig. Die Franzosen haben mit "Sad Disco" ein sehr hübsches Debüt vorgelegt, das gekonnt balanciert zwischen kraftvollen Akustik-Tracks und Up-Tempo-Beats, zwischen Schwermut und Euphorie, Freude und Sinnlichkeit. Feiner Pop eben.
Noch keine Kommentare