laut.de-Kritik
Herkömmlicher Mix und Artist-Album in einem.
Review von Daniel StraubAllein die Ankündigung, dass Ricardo Villalobos ein neues Album veröffentlicht, sorgte für reichlich Dampf in der Gerüchteküche. Die Erwartungen und Mutmaßungen der Fans waren kaum noch zu bremsen. Nach dem schwer zugänglichen "Thé Au Harem D'Archimede" hoffen viele auf einen echten Nachfolger zum Erfolgsalbum "Alcachofa". Schnell war aber klar, dass es einen solchen wohl nicht geben würde.
Nicht zuletzt deshalb, weil der neue Villalobos-Release in der erfolgreichen Compilation-Reihe des Londoner Clubs Fabric erscheinen sollte. Dort hat man sich mit hochkarätigen Mix-CDs weltweit einen Namen gemacht. Ein Artist-Album im eigentlichen Sinne hat man bislang noch nicht veröffentlicht. "Fabric 36" macht da keine Ausnahme.
Auch Ricardo Villalobos hat sich für den Londoner Club ganz traditionell an den Mixer gestellt. Das verbindet ihn mit allen anderen, die in der Fabric-Reihe bislang Kostproben ihres DJ-Könnes abgegeben haben. Was ihn unterscheidet: Er verwendet ausschließlich unveröffentlichte Eigenproduktionen. So ist "Fabric 36" ein Mix im herkömmlichen Sinne und gleichzeitig auch ein Artist-Album. Ein Kompromiss mit der fordernden Handschrift des Künstlers Ricardo Villalobos.
Leise Klicks eröffnen die Mix-CD. Nach und nach werden weitere Spuren darüber gelegt und verdichten sich zu einem reduzierten Groove in typischer Villalobos-Manier. Im Gegensatz zu seinen letzten von dunkler Manie getriebenen Releases wie "Fizheuer Zieheuer" überrascht "Fabric 36" mit seinen positiven Untertönen. Diese werden erst nach etwa der Hälfte der Spielzeit durch eine stärker experimentelle Ausrichtung kontrastiert.
Japanische Trommeler, Vocals und Dialoge werden eingesampelt. Die elektronischen Grooves von Villalobos nehmen sich zurück, bleiben aber als stützendes Gerüst im Hintergrund. Diese Idee funktioniert eine zeitlang ganz gut, erschöpft sich dann aber recht schnell. Der Mix wirkt dadurch bemüht, von der spielerischen Leichtigkeit, die Villalobos beispielswiese bei "Green & Blue" gezeigt hat, ist nicht mehr viel zu spüren.
Beinahe hat man den Eindruck als wolle Villalobos zwanghaft etwas Ungewöhnliches machen. Ob das Ganze im Mix stimmig ist, verkommt zur Nebensache. In solchen Momenten lässt sich erahnen wie schwer das Erbe von "Alcachofa" wiegt. Am Ende ist "Fabric 36" zwar ein interessanter Ansatz, aber dennoch ein Kompromiss, der letztlich nicht voll überzeugt. Sowohl was die eigenen Tracks angeht, als auch was die Performance am Mixer betrifft, hat man Ricardo schon in deutlich besserer Form erlebt.
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