laut.de-Kritik
Ein bisschen rebellieren, ein bisschen kuscheln.
Review von Connor Endt"Wenn niemand mehr rausgeht, wenn niemand mehr schreit" heißt es auf "Zu Spät", und diese Zeile beschreibt hervorragend die Ausrichtung vom mittlerweile vierten Rogers-Album. Wie auch schon zuvor positionieren sich die Punkrockers ganz klar links und singen an gegen die Sachen, die zurzeit falsch laufen in der Welt: der Krieg im Nahen Osten, der Rechtsruck in unserer Gesellschaft, die "Ich bin kein Nazi, aber"-Rhetorik ... die Liste ist lang.
Dabei spalten sich die Songs in zwei große Themenfelder, die so immer wieder aufgegriffen werden:
1. Der Protestsong gegen die alles verschlingende Gier des Kapitalismus ("Zu Spät", "Wer Wirft den Ersten Schein"), religiösen Fanatismus ("Ganz Nach Oben") oder den Wutbürger von nebenan ("Hartes Leben").
2. Der emotionale Song hingegen behandelt die guten Seiten des Lebens: den Drang, wieder auf Tour zu gehen ("Einen letzten Abend"), Optimismus, obwohl alles schief läuft ("Mittelfinger Für Immer", "Schon Okay"), Erinnerung an die verflossene Liebe ("Wo Immer Du Gerade Bist", "Weit Weg") oder Selbstzweifel ("Wo Gehör Ich Hin").
Die Tracklist liest sich ein bisschen so wie die Trinksprüche, die als Metallschilder in finsteren Spelunken hängen und Binsenweisheiten verbreiten. Der Grundkonsens lautet dann: egal was passiert, wir stehen wieder auf und machen weiter. Darauf ein Bier, Prost!
Musikalisch bekommt man ein typisches Rogers-Album geboten: schneller, treibender Punkrock, fette Powerchords und die Drums hetzen von Song zu Song. Frontmann Chri Hoffmeiers Stimme schmettert die Zeilen und erinnert deutlich an die besten Jahre von Hosen-Frontmann Campino. Besonders weit aus dem Fenster gelehnt haben sich die Düsseldorfer musikalisch aber nicht: die vierzehn Songs des Albums rocken sie ziemlich schnörkellos herunter. Die Refrains wiederholen sich dabei teilweise so penetrant, dass sie einfach im Gedächtnis bleiben müssen. Mit "Geh Mit Nicht Mehr Auf Die Eier" hat die Band einen kleinen musikalischen Ausreißer geschrieben, der mit seinem Sprech-Singsang ziemlich nach den Spaßrappern SDP klingt ("Scheiße, in meinem Keller liegt 'ne Leiche").
Wirkliche Abwechslung bringen vor allem die Gesangsbeiträge, etwa von Donots-Sänger Ingo bei "Zu Spät". Dieser entpuppt sich als aggressiver Schreihals, der dem Song ganz wunderbar den fehlenden Punch einhaucht. Für "Hartes Leben" hat sich die Band den Rapper Schmiddlfinga dazugeholt, der einige coole Lines beisteuert: "Du hast drei Gitarren, doch kannst nur Satisfaction spielen." Dazu wird dann in bester Adam Angst-Manier gegen die "besorgten Bürger" gepoltert.
Wer sich die Deluxe-Version des Albums kauft, kommt noch in den Genuss eines Bonus-Tracks. Für "Es War Nicht Alles schlecht" growlt Sänger Matthi von den belgischen Beatdown-Bösewichtern Nasty ein paar Takte auf Deutsch. Das Ergebnis klingt wesentlich kantiger als der Rest der Platte. Wenn Sänger Chri Hoffmeier dann aber unbeschwert "Ich bin außer mir" ins Mikro flötet, geht ganz schön viel Biss verloren.
Was bleibt, ist ein Punkrock-Album, das zwar mitunter ordentlich nach vorne drückt, an vielen Stellen dann aber wieder erstaunlich zahm geraten ist - frei nach dem Motto: Ein bisschen rebellieren, ein bisschen kuscheln.
3 Kommentare
Punk(=?) .. Wohl eher Rock. Naja aber was sich halt verkauft.
Sehr anstrengendes Befindlichkeits-Genöle, gabs bei Rogers zwar schon immer, aber immerhin abgelöst mit 2,3 richtig guten Songs. Darauf haben sie dieses mal leider verzichtet. Max. 1/5.
Sehr anstrengendes Befindlichkeits-Genöle, gabs bei Rogers zwar schon immer, aber immerhin abgelöst mit 2,3 richtig guten Songs. Darauf haben sie dieses mal leider verzichtet. Max. 1/5.