laut.de-Kritik
Die größte Show auf Erden - standesgemäß abgebildet auf vier DVDs.
Review von Mathias MöllerÄußerst selbstbewusst benannten die Stones ihr letztes Album "A Bigger Bang". Sollte der Komparativ andeuten, dass die Stones mittlerweile oder immer noch größer sind als der Urknall, der Big Bang? Und weil auch Stones-Touren dem Gesetz des Marktes gehorchen und immer größer sind als die vorhergegangene, absolvieren die vier Engländer von August 2005 bis August 2007 die "Bigger Bang Tour".
Was noch bis zum 26.08. läuft - dann steigt in London das Abschlusskonzert - ist bereits auf "The Biggest Bang" konserviert. Die Rolling Stones live - die größte Show auf Erden - standesgemäß abgebildet auf vier DVDs. Zwei Silberlinge enthalten komplette Konzerte aus Austin, Texas und der Copacabana in Brasilien, zwei weitere Ausschnitte und Special Features.
Seit Jahren gibt es, wenn die Stones auf Tour kommen, im Hause Möller das gleiche Ritual: Mama fragt die Söhne, ob sie nicht die alte Frau zu einem Konzert der Steine begleiten wollen.
Und die Söhne antworten artig und bescheiden, dass das ja wohl viel zu teuer sei. Und so schreibe ich diese Review, ohne Jagger, Richards, Wood und Watts je live gesehen zu haben.
Doch vom ersten Moment an bin ich mir bewusst, dass das überhaupt nichts ausmacht. Die fünf Regisseure setzen die lebenden Legenden derart in Szene, dass jeder einen guten Eindruck von einer Liveshow erhält, ja das Gefühl bekommt, man wäre dabei gewesen.
Alle Filmemacher fokussieren dabei deutlich auf die vier Protagonisten und ihre Mitmusiker, vergessen aber nie, die Liveatmosphäre einzufangen. Und die ist überwältigend.
Auffallend: alle kommen zu Konzerten der Rolling Stones. Egal ob Teenager-Jungs, Mädels in den Zwanzigern oder deren Väter, ob alter Rocker oder in die Jahre gekommener Yuppie: Alle folgen dem Ruf von Mick mit der größtmöglichen Hysterie.
Die Musik muss hier nicht beschrieben werden. Nicht, weil sie bei diesem Spektakel nebensächlich wäre, im Gegenteil. Doch alle Musiker sind derart eingespielt und professionell, dass eine bis ins Detail perfekte Show zu hören ist. Den Rest machen Mick und Keith quasi im Alleingang.
Während Watts stoisch seinen Beat haut und Wood die zweite Gitarre neben Richards spielt, toben der Leadgitarrist und "sexy Mick" (Mama Möller) über die Bühne, als müssten sie einen Marathon laufen. Jagger zeigt sich dabei über die volle Distanz agiler als Michael Jackson, und auch seine Moves können mit dem des abgehalfterten King Of Pop locker mithalten.
A propos Bühne: Allein sie rechtfertigt den Superlativ im DVD-Titel. Die Bevölkerung von Andorra hätte wahrscheinlich darauf Platz, die Aufbauten gleichen im Ausmaß dem Potsdamer Platz in Berlin, und die dazugehörige Leinwand ist ein geschätztes Fußballfeld groß. Natürlich bietet die größte Rockband der Welt ihren Fans etwas, und so ist ein Teil der Bühne fahrbar und bringt die vier während des Gigs zu einer mitten im Publikum platzierten zweiten Bühne.
Jede Show ist selbstverständlich generalstabsmäßig geplant. Die Besucher bekommen etwas für ihr Geld. Jagger wechselt unzählige Male sein Outfit, Licht und Sound sind perfekt und auch sonst stimmt alles.
Die Songauswahl könnte besser kaum sein: In Texas beginnen sie mit dem Crowdpleaser "You Got Me Rocking". Klar rocken sie die Konzertgänger vom ersten Augenblick an.
Daraufhin folgt die gern angenommene Aufforderung "Let's Spend The Night Together", bevor die Stones für die Hardcore-Fans ein paar unbekanntere Nummern spielen. Zwischendurch streuen sie hier und da eine Coverversion ein: In Austin intonieren sie als Hommage an den Texaner Buddy Holly dessen "Learning The Game", bevor sie mit "Under My Thumb" in das letzte Drittel des Konzerts einsteigen und Hit auf Hit abfeuern.
Der Gig an der Copacabana wird auch für die Stones, die so ziemlich alles in ihrem Leben gesehen haben dürften, etwas Besonderes gewesen sein. Geschätzte zwei Millionen Fans der Gruppe fanden sich am 18. Februar 2006 am Strand von Rio de Janeiro ein, um Klassiker wie "Jumpin' Jack Flash", "Wild Horses" oder "Honky Tonk Women" abzufeiern.
Auch hier erweisen sich die Stones als Entertainer von Welt. Zu Beginn des Konzerts ist die Bühne in grün-gelbes Licht getaucht und Jagger radebricht einige Sätze auf Portugiesisch.
Die Doku auf der zweiten DVD zeigt die Produktion am berühmtesten Strand der Welt. Hier erhält der Zuschauer auch intime Einblicke in den Backstagebereich: Keith Richards führt zu jeder Show einen anderthalb Tonnen schweren Snookertisch mit! Als Mick kurz vor der Show Bilder von der Menschenmenge sieht, scherzt er doch sichtlich nervös: "Any excuse for a party in Rio, eh?"
Die Discs drei und vier demonstrieren weiter, was für ein globales Phänomen die Rolling Stones darstellen: Ob Japan, China, Argentinien oder Nordamerika, die Begeisterung über die vier Altrocker kennt nirgendwo Grenzen.
Erstaunlicherweise bringen in Buenos Aires fast ausschließlich junge Menschen das River Plate Stadion zum Beben. Hier macht Mick im hautengen argentinischen Trikot eine gute Figur.
Welche Rolle die Stones für andere Musiker spielen, deuten die Featurettes am Ende der dritten DVD an. Pearl Jams Eddie Vedder spricht mit vor Ehrfurcht zitternder Stimme von seinem "Wild Horses"-Duett mit den Helden. Und auch Dave Matthews gesteht, dass er vor seinem Duett mit Jagger gehörig die Hosen voll hatte.
Die vierte DVD enthält mit "Salt Of The Earth" eine 70-minütige Tourdokumentation, die noch einmal zahlreiche Tourimpressionen aus der ganzen Welt zusammen trägt. Für manchen Musiker mag beruhigend sein, dass auch die Stones ganz normal vor ihren Touren in den Übungsraum müssen.
Ansonsten schließen eine Handvoll Bonusfeatures dieses überaus fette DVD-Paket ab, das sicher mehrere unterhaltsame Fernsehabende garantiert. Und das nächste Mal, wenn die Stones auf Tour kommen, bin ich dann dabei. Versprochen, Mama.
12 Kommentare
Review is ja schön und gut, aber die Michael Jackson-Anspielung versteh irgendwie überhaupt nicht...bzw. was will der Autor uns damit sagen?grübel*
Hmmz...die Review ist ja eine Lobeshymne von vorne bis hinten...wieso dann aber keine 5 punkte??
fuschi: guck dir jaggers moves an, dann verstehst du, was ich meine.
ju1es: weil ich vom gucken viereckige augen bekommen habe!
grins* Das wollte ich damit nicht zum Ausdruck bringen. Finds halt nur seltsam...bzw. hab da rein musikalisch einfach ein anderes Empfinden. Bei Ne-Yo müßte aus meiner Sicht heißen "wieder mal MJ auf den Kopierer gelegt". Zu seinen besten Zeiten würde ja heißen, diese Platte könnte in irgendeiner Richtung mit Off the wall, Thriller, Bad oder Dangerous mithalten...räusper*
@Philos (« @fuschimotze (lustiger Nick!) »):
das trifft deinen humor? mein beileid.
@Olsen (« @Philos (« @fuschimotze (lustiger Nick!) »):
das trifft deinen humor? mein beileid. »):
Olsi-Spatzel du hörst Onkels, du bist raus was das Thema angeht.hihi*