laut.de-Kritik
Energische Worldbeats im Schatten Manu Chaos.
Review von Robin BrodtAn einer Strandbar irgendwo an der italienischen Mittelmeerküste. Vertraute Rhythmen dringen an mein Ohr, die der Urlaubsstimmung alles andere als abträglich sind: Aus dem Radio dröhnt der Gassenhauer "Toda Joia Toda Beleza" - gefeatured von Manu Chao - und erinnert daran, dass noch ein paar Zeilen über das Album der sizilianischen Ska- bzw. Mestizo-Band Roy Paci & Aretuska ausstehen.
Beispielsweise mit dem Hinweis, dass deren viertes Album völlig zu recht aus dem Stand heraus in die Top 20 der World Music Charts Europe gestartet ist. Zeitgleich mit Manu Chaos "Radiolina" herausgekommen, beweist der ehemalige Trompeter des Radio Bemba Soundsystems mit "Suonoglobal" einmal mehr seinen Sinn für Tradition und Distinktion.
Soll heißen, dass er durchaus Elemente beibehält, die er auf seiner Tour mit Manu Chao mitgenommen haben dürfte, gleichzeitig jedoch wie schon auf seinem letzten Album "Parola d'Onore" einen ganz eigenen Stil kreeiert, der munter Jazz, Swing und Mambo mit Rap und Dancehall-Beats Bekanntschaft machen lässt.
Den Raum, in dem er seine Musik verortet, macht Rosario Paci gleich im ersten Track deutlich, wenn er als "Italiano a barcelona" dem kulturellen Melting-Pot ein Denkmal setzt - natürlich nicht ohne sprachlich den Bastard raushängen zu lassen: Völlig selbstverständlich wechselt er zwischen spanischen und italienischen bzw. sizilianischen Zeilen - je nachdem was dem Rhyme am Besten steht. Das ist großes Kino und funktioniert so gut, dass man es erst beim Wörter-Nachschlagen im falschen Lexikon bemerkt.
Im besagten zweiten Track muss der Altmeister Manu Chao gar aufpassen, dass er von der übersprudelnden Energie und kräftigeren Stimme des Sizilianers nicht an die Wand gesungen wird. Natürlich nur im übertragenen Sinne, eint die beiden doch ein herrschaftskritischer Anspruch und die Absicht, diesen auch in fröhlicher und tanzbarer Form zu äußern.
Weiter gehts mit "Tango, Mambo, Jambo", und zwar anders als es der Titel vermuten lässt: ein von Trompete und Gitarre getragenes Hip Hop-Stück, für das man eine neue Schublade aufmachen sollte: Mafiosi-Rap wäre ein passender Vorschlag, spielt die Gruppe doch selbst gern augenzwinkernd mit dem Klischee der edel gekleideten Gangster.
Wer im Folgenden auf einen Durchhänger wartet, hat Pech gehabt: Roy Paci & Aretuska schaffen es, jedem Lied eine individuelle Note zu verpassen, ob mit genial fusionierten Jazz- und Swing-Elementen oder mit gelungenen Features anderer Artists, etwa dem Sud Sound System.
Gleichgültig welches Tempo man vorzieht, wer nicht bei mindestens jedem zweiten Tune auf die Tanzfläche springen und abzappelt, der kann Mestizo getrost für sich abhaken.
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