laut.de-Kritik
Die Vor- und Nachteile eines monströsen Backkatalogs.
Review von Alexander CordasLauter Jubel erklingt, und zack ist man mittendrin in den Achtzigern. Das letzte Mal, dass die Herren einen Rush-Gig mit einem Song der Synthie-Ära begannen, lässt sich auf "A Show Of Hands" nachhören. Der Beginn der ersten CD von "Clockwork Angels Tour" klingt fast wie ein Re-Release der Livescheibe von 1989. Einmal mehr beweisen Rush, dass das Material der so oft geschmähten Phase ganz hervorragend ist und live wunderbar funktioniert.
Auf der Bühne gehören Songs wie "Grand Designs", "Territories" oder "Middletown Dreams" sicher nicht zum Stammrepertoire, aber man darf es dem Trio zugute halten, dass sie die Setlist ordentlich durcheinander würfeln. Auf Kosten der Abwechslung fallen Songs wie "Witch Hunt", "Closer To The Heart" oder "La Villa Strangiato" aus dem Programm. Es hat eben Vor- und Nachteile, schöpft man aus einem monströs großen Backkatalog.
Wie immer gilt: Performance top. Der Sound mag dagegen etwas vielschichtiger daher kommen als noch 1989, aber knallt doch weniger. Die Dreiteilung der CDs ist mittlerweile dringend geboten, denn sonst bekäme man einen kompletten Rush-Gig nicht mehr dargestellt.
An die drei Stunden stehen die Lee, Lifeson und Peart auf der Bühne. Die CDs lassen sich auch thematisch in drei Parts splitten. Nummer eins behandelt die Achtziger, CD zwei widmet sich "Clockwork Angels" und im letzten Abschnitt ballern Rush einen Hit nach dem anderen raus.
Zum ersten Mal in der Bandgeschichte sind zudem weitere Musiker auf der Bühne zu hören. Ab "Caravan" steht eine Streicher-Sektion hinter den Musikern auf einem Podest. Ob das nun wirklich notwendig gewesen wäre, sei dahin gestellt. Bei den Nummern des letzten Albums, das einige Violinen-Sequenzen beinhaltet, mag das noch Sinn ergeben, bei Tracks wie "Dreamline" und speziell "Red Sector A" klingt es eher etwas aufgesetzt - Meckern auf höchstem Niveau.
Natürlich glänzt Neil Peart wieder bei seinem Schlagzeug-Solo, das diesmal einen asiatischen Touch erhält, nachdem er auf der Time Machine-Tour noch ein Hommage an Buddy Rich inklusive Big Band-Sounds integrierte.
Angesichts des gleichzeitigen Releases der DVD/Blu Ray muss man sich schon fragen, wer ernsthaft eine CD der Combo Bild/Ton vorzieht, aber es soll ja immer noch Leute geben, die entsprechende Abspielgeräte nicht besitzen. Klammert man die Radioaufnahme von "Rush ABC 1974" aus, handelt es sich bei "Clockwork Angels Tour" um das tatsächlich neunte offizielle Live-Dokument.
Da darf jeder gerne selbst entscheiden, ob er das haben muss. Spaß macht es auf jeden Fall, auch wenn der Jubel des Auditoriums mal wieder in Jubelperser-Ausmaße in den Vordergrund gemischt wurde. Aber bei Rush muss das wohl so sein.
1 Kommentar
Zitat: "[...]auch wenn der Jubel des Auditoriums mal wieder in Jubelperser-Ausmaße in den Vordergrund gemischt wurde. Aber bei Rush muss das wohl so sein."
Falsch, denn bei Rush IST es so. Die Begeisterung die man empfindet, wenn man die drei live erleben kann, ist absolut echt und nicht in schnöde Worte zu fassen. Daher muss hier nichts "zum Aufhübschen" in den Vordergrund gemischt werden, man unterstreicht maximal den ohnehin schon vorhandenen, unbändigen Enthusiasmus der Fans.
Mit dem Rest gehe ich konform, zumal ich ebenfalls geduldig auf eine Bild/Ton-Kombi warte.
Nichtsdestotrotz ein fantastisches Output mit erlesenen Songs, welches Lust auf mehr macht!