laut.de-Kritik
Das Speed-Duell zwischen Hand und Stimme endet unentschieden.
Review von Kai ButterweckWenn sich ein irischer Sänger auf den Schemel setzt, die Akustische unter die Arme klemmt und sich im Background nur das nötigste an Personal versammelt, dann entführen den Hörer Minuten später meist whiskeygetränkte Vocals und Seemann-Chords auf hohe See oder ohne Umwege in einen der abertausend Küsten-Pubs der grünen Insel. Dass es aber auch anders geht, beweist Ryan Sheridan mit seinem Debütalbum "The Day You Live Forever". Abseits bewährter Melancholie-Pfade des Genres dreht Sheridan seine Runden lieber auf der Pop-Rennbahn.
Mit Hilfe seines hohen Organs und einer Anschlagtechnik, die bei alteingesessenen Ressort-Liebhabern Schwindelgefühle hervorrufen dürfte, besiegelt der Sänger eine musikalische Ehe zweier Branchen, inklusive Lifetime-Garantie. Vertreibt sich das Handgelenk des Verantwortlichen auf dem eröffnenden "Stand Up Tall" noch mit Aufwärmübungen die Zeit, geht es bereits im anschließenden "Jigsaw" richtig zur Sache.
Das fulminante Speed-Duell zwischen Hand und Stimme endet letztlich unentschieden. Dass ein Null zu Null bisweilen um einiges spannender sein kann als ein Kantersieg, beweisen auch Songs wie "The Dreamer" oder der Titeltrack des Albums. Immer wieder treiben zackige Akkordabfolgen Sheridans harmoniegeschwängerte Verse in die Enge. Diese finden aber stets ein Schlupfloch, und so präsentiert sich dem Hörer ein munteres Katz- und Maus-Spiel auf höchstem Niveau.
Zwischenzeitliche Ruhepausen ("Take It All Back", "All And More", "Without You") werden genutzt, um Kontakte zu gängigen Mainstream-Pop-Stationen zu knüpfen, während wilde Snare-Spiele ("The Game") und der akzentuierte Einsatz von Stromgitarren ("Upside Down") die eine oder andere Pforte in Alternative-Gefilde öffnet.
Ryan Sheridan bringt reichlich Schwung ins Songwriter-Lager. Fernab vom tiefenentspannten Melancholie-Treiben gängiger Kauzbärte, bettet der aus dem County Monaghan stammende Sänger sein hohes Organ in hibbelige Akustikgewänder und erbringt den Beweis, dass man nicht zwingend an jedem Lagerfeuer stillsitzen muss.
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