laut.de-Kritik
Eine gewaltige Blues-Explosion im Land des Karies.
Review von Jasmin LützDas New Yorker Duo Schwervon habe ich vom ersten Augenblick an geliebt. Und auch "I Dream Of Teeth" ist ein wahrer Wachtraum. Schlagzeugerin und Sängerin Nan Turner hatte tatsächlich diese Alpträume, in denen ihr regelmäßig die Zähne verfaulen. Ein Höllentrip für jederfrau und jedermann. Was bedeutet das wohl in der Traumdeutung?
Ich habe im Online-Lexikon nachgeblättert: "Ausfallende oder lockere Zähne deuten an, dass einem bewusst ist, dass man eine Form des Übergangs durchlebt, der mit dem Schritt vom Kind zum Erwachsenen oder dem Übergang vom Erwachsenen- zum Seniorenalter vergleichbar ist. Wenn also jemand im Traum fürchtet, ihm könnten die Zähne ausfallen, geht es um die Angst, alt und nicht mehr begehrenswert zu sein, oder um die Angst vor dem Erwachsenwerden."
Zum Glück ist der Rock'n'Roll ein geselliger Unterschlupf für sympathische Musiker, die niemals ein einsames Rentnerdasein führen möchten. Mal entlockt Major Matt seiner Gitarre Schrammeliges, mal steht er inmitten eines rhythmischen Blues-Rock-Gewitters ("Blue Light"). Das ist die neue Schwervon Blues Explosion!
Immer stärker entfernen sie sich von ihrer Wurzel, dem Antifolk, was schon beim eher untypischen Pop-Sound des ersten Stückes offensichtlich wird. Nan prügelt gnadenlos auf ihr Schlagzeug ein, während Matt scheinbar teilnahmslos ins Mikro antwortet.
In ihrem 14 (ironie-)schweren Songzyklus durchleben die zwei provokante Zwiegespräche und liebevolle Umarmungen. In "What Did You Call Me" spricht Matt so schön: "A man from out of town asks a man from New York / Where's the Empire State Building or should I just go fuck myself?" Das Duo beobachtet weiterhin die alltäglichen Dinge wie Liebe, Angst und Zahnersatz, Wunderlichkeiten und weitere sonderbare Geschehnisse.
Typische D.I.Y.-Klänge erleben wir in "Dogwalkers Of The World Unite" und dem Herman Düne-Cover "Winnerslose". Insgesamt mal wieder eine gelungene Mischung aus exzessivem Trash-Rock und melodischen Folk-Spielereien ("Sore Eyes"). Mit "I Dream Of Teeth" können sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen.
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