laut.de-Kritik
Guter Soundtrack zum Verliebtsein in lauen Sommernächten.
Review von Joachim GaugerNa bitte - es geht doch! Hatte ich an den ersten beiden Scheiben der Scycs noch einiges auszusetzen (ständig die gleiche Melodie, scheiß Gitarrensound, unausgereiftes Songwriting, etc...) gibt's bei "Timelapse" kaum noch was zu kritisieren. Ein Quantensprung ist die Scheibe sicher nicht, aber man kann sie ungehört am Stück auf Tape ziehen, und im Auto durchhören, ohne großartig spulen zu müssen. Will heißen: es gibt kaum einen wirklichen Ausfall auf dem Album. Mit Ausnahme vielleicht von "Favourite Song". Der rockt zwar anfangs gut los - kann aber im Refrain nicht wirklich überzeugen. Außerdem nervt auf Dauer der ewig gleich tiefe Gesang.
Ansonsten überwiegen aber schöne Melodien, gutes Songwriting und vor allem Abwechslung. Gut - Sänger Stefan fährt halt seinen Stiefel, und das erkennt man auch bei jedem Song, aber das nennt man nun mal Stil - und ich hab schon eintönigere Sachen gehört.
Der Opener "How it feels" stellt gleich klar: hier gibt's kein sülziges Geseiere mehr wie ehedem, als der nächste November noch bevor stand, hier wird gedämpft, gekocht und gebraten! Das rockt wie Hölle - und trifft ganz tief drin.
Die erste Single "Unbelievable" dürfte allseits bekannt sein - und geht ganz gut ab, aber danach wird's mit "Anything" dann wieder richtig schön. Manchen (bekloppten) Zeitgenossen wird es das (Un-)Wort "Nu Country" von den Lippen perlen lassen, aber auf die hören wir eh nicht. Viel mehr ist "Anything" eine gelungene Hommage an Sachen wie sie z.B. Christofer Aström sie macht.
Gerade so richtig im Gefühlstaumel kommt plötzlich die größte Überraschung: "Injured" klingt anfangs wie eine Mischung aus Konsole, New Order und Kylie Minogue und verwirrt mit seinem 80er Popappeal. Der Refrain rockt dann zwar wieder wie begnadet, aber das merkwürdige Gefühl um die Kindheits-Erinnerungs-Drüse bleibt. Trotzdem beißt er sich in den Synapsen fest und wird da wohl auch erst mal ne Weile hängen bleiben, wie viele der nächsten Songs auch. Vor allem die schöne Powerpop-Nummer "Come Alive", und die beinahe schon episch-schwermütigen "Dirty Mind" und "No Need to Cry".
Feelgood-Pop haben sie nur wenig im Gepäck, die Scycs, eher wieder Schwermut und Nachdenklichkeit mit ordentlich Gitarrenbraten im Rücken. So klingt ein guter Soundtrack zum Verliebtsein in lauen Sommernächten mit jeder Menge Wein in der Rübe (ob nun glücklich verliebt oder nicht, sei mal dahin gestellt).
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