laut.de-Kritik
Süßeste Melancholie mit Anweisungen zum Suizid.
Review von Michael EdeleIch kann es immer noch nicht fassen, dass "The Funeral Album" genau das sein soll, was es dem Titel nach ist: Das definitiv letzte Lebenszeichen von Sentenced. Die Meister der gelungenen Selbstauslöschung geben uns noch einmal 13 Songs voll süßester Melancholie und Anweisungen zum Suizid, um dann in aller Seelenruhe das Licht auszumachen.
Auch wenn ich über die Entscheidung von Finnlands Finest alles andere als glücklich bin, so bin ich es doch über die Qualität des finalen Albums. "The Funeral Album" ist ein verdammt starkes, abwechslungsreiches Stück Musik, das einen würdigen Schlusspunkt unter die Karriere von Sentenced setzt. Anstatt zum Abschluss noch auf irgendwelche Veränderungen zu setzen, haben sie sich auf das konzentriert, was sie wirklich können: Fantastische, eingängige Melodien mit einem guten Drive oder purer Melancholie.
Mit den beiden Einsteigern "May Today Become The Day" und "Ever-Frost" legen sie mit zwei erstklassigen Uptempo Rockern los, wobei vor allem zweiter mit dem typischen Sentenced-Zynismus glänzt. Ihre unnachahmlichen Qualitäten im Bereich (Halb-) Balladen präsentieren sie mit "We Are But Fallen Leaves". Genau wie das ebenfalls balladeske "Her Last 5 Minutes" ist das Stück pure Emotion. Was Gitarrist Miika an sehnsüchtigen Melodien aus seinem Instrument holt, treibt auch dem härtesten Metaller Tränen in die Augen (ja, auch mir, ihr Säcke!).
Die wischen einem die Skandinavier aber mit der kurzen, instrumentalen Eruption namens "Where Waters Fall Frozen" schnell wieder aus dem Gesicht. Sentenced besinnen sich auf ihre ganz frühen Wurzeln und lassen die Death Metal-Faust nieder krachen. Das hätte es auch früher schon geben können, Jungs. Beim anschließenden "Despair-Ridden Hearts" glaubt man zunächst seinen Ohren nicht zu trauen, denn der Song beginnt tatsächlich mit einer Mundharmonika und nimmt im Verlauf immer mehr an Fahrt auf. Textlich scheint es so was wie ein Resumé zu sein.
Gerockt wird auch bei "Vengeance Is Mine", bei dem Ville zum ersten Mal sich nicht selber die Lichter ausblasen, sondern eher jemand anderen dem ewigen Kompostierungsprozess zuführen will. Doch auch hier lassen sich die Finnen was Besonderes einfallen, denn im Mittelteil des Songs erzeugen nicht nur ein paar Kinderchöre Gänsehaut, sondern auch das Ende des Song ist bemerkenswert. Wer hört denn bitte so ne Nummer mit "Frère Jaques" auf?
"A Long Way To Nowhere" ist eine typische Sentenced-Nummer, die einmal mehr die akustische Gitarre gleichwertig neben die verzerrte stellt und gesanglich keine Wünsche offen lässt. "Consider Us Dead" bringt einem unwiderruflich in Erinnerung, dass es nach diesem Album vorbei ist, und fordert den Hörer sogar auf, den endgültigen Abgang mit einzuleiten ("Raise the gun, take aim and shoot me, put a bullet through my head").
"Lower The Flags" wechselt zwischen langsamen und schnelleren Parts hin her und wartet dabei mit einem interessanten Gitarreneffekt auf, auch wenn der Track nicht ganz mit dem restlichen Material des Albums Schritt hält. Dafür drückt "Drain Me" wieder etwas mehr auf's Gas mit einem absolut genialen Chorus, der nicht mehr aus dem Ohr geht. Nach dem instrumentalen Intermezzo "Karu" steht mit "End Of The Road" der Exitus bevor.
Wenn ihr denkt, dass die anderen Songs von "The Funeral Album" emotional waren, dann legt mal alle scharfen Gegenstände außer Reichweite, denn "End Oh The Road" gibt euch den Rest. Der Song ist bei weitem keine Ballade ,und doch greift er mindestens so stark nach deinen Gefühlen, was einmal mehr an Miikas unglaublichem Gitarrenspiel liegt.
So sehr ich es Sentenced auch übel nehme, einfach sang- und klanglos zu verschwinden, so sehr muss ich ihnen auch danken für die unzähligen Stunden, in denen sie mir meine Melancholie versüßt haben. Take care boys, see you never!
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R.I.P Mika Tenkula