laut.de-Kritik
Loyal und treu gegenüber der großen Liebe Hip Hop.
Review von Dani Fromm"Ich mach' das nicht seit gestern." Für einen Debütanten hätte man Separate im Angesicht von "El Mariachi" auch kaum gehalten, obwohl er jetzt doch einige Zeit lang nichts von sich hat hören lassen. Jetzt aber: "Ich komm' zurück, nach ein paar Jahren, als wär' nichts gewesen." Anders ausgedrückt: "Dein Glück, Bruder. Seppo kommt zurück wie ein Konter." Obacht, also.
"Ich hatte tausend Träume", hält sich Separate schon in der Eröffnungsnummer gar nicht erst damit auf, irgendjemandem irgendetwas vorzugaukeln. "Ein paar haben sich ausgeträumt." Es birgt aber durchaus Vorteile, nicht ausschließlich auf der Sonnenseite zu wandeln: "Ich muss keine Märchen erzählen. Das hier ist mein Leben", und da läuft eben nicht immer alles glatt.
"Hab' gelernt, auf alle zu scheißen und keinen Fick zu geben." Separate wagt einen absolut ungeschönten Blick auf die Realität. Dieser ins Auge zu sehen, dazu gehört oft eine ganze Menge Mut, denn: "Wenn es regnet, regnet es in Strömen." Vom Schönreden grauer Zeiten bleibt er meilenweit entfernt. Er erzählt, statt auf dem Reißbrett Luftschlösser zu konstruieren, "Geschichten, die das Leben für mich schreibt".
Ungefiltert und kein bisschen verklärt schildert Separate, wie es wirklich aussieht, wenn das Geld hinten und vorne nicht reicht. Während andere in ähnlichen Situationen in hemmungslosem, ungebremstem Konsum den Weg zur Glückseligkeit wittern, schwingt das Pendel bei Separate in die entgegengesetzte Richtung: Im Vergleich zu denen, die richtig darben, fühlt er sich, wenn auch "Wenig Reich", trotzdem privilegiert.
Separates Prioritäten unterscheiden sich ebenso eklatant wie angenehm von denen zu vieler seiner Kollegen: Statt blind finanziellem Erfolg hinterher zu rennen und auf dem Altar des gerade angesagten Trends die eigenen Werte zu opfern, zeigt er sich alten Weggefährten gegenüber loyal und treu, wenn es um die eine, die ganz große Liebe geht: um Hip Hop. "Dieses Rapding ist mein Leben, mein Leben ist dieses Rapding."
Das "C.R.E.A.M."-Zitat zur Untermauerung dieser Behauptung hätte es gar nicht gebraucht. Daran, dass Separate mit Haut und Haaren lebt und liebt, was er tut, lässt "El Mariachi" keinen Zweifel bestehen. "Das hier ist richtiger Rap", darf er in "Krank" zusammen mit Ercandize ohne Weiteres behaupten. "Was ich mach', ist für mich ganz natürlich wie Flora und Fauna." Realer sind, wenn überhaupt, höchstens noch die Stieber Twins. Separate präsentiert sich bodenständig und geerdet. Selbstbewusst, ja, aber doch mit realistischer Einschätzung seines Stellenwerts: "Ich weiß, mein Talent wird auf ewig verkannt werden." Trotzdem: "Ich halt' die Stellung" - und die Fahne der alten Tugenden hoch.
"Ich, meine Freunde und die Clique - was anderes interessiert mich nicht." Separate huldigt seinem Produzenten PCP, seinem DJ Access, seinen Fans, seinen Helden und immer wieder dem großen Ganzen, Hip Hop. Bei aller Hingabe klingt doch überall der Einsatz durch, die Separate hinein gesteckt hat - als blöke der alte Mike Jones (who?) aus der Ecke: "You don't grind you don't shine."
Separate glitzert nicht, nirgends. Wenn etwas aus ihm strahlt, dann der ruhige Stolz und die Gelassenheit derer, die die Früchte ehrlicher Arbeit ernten. In ihm steckt kein beeindruckender Techniker, wohl aber ein überaus solider Handwerker mit der Routine der Jahre: "Ich mach' das hier seit 1998" - ein guter, zumindest ein ausgesprochen zäher Jahrgang.
"El Mariachi" stellt sich "Allein Gegen Die Welt": PCP, der die Produktion des Albums über weite Strecken alleine schultert, stellt ihm für seine Heimkehr in die staubige Stadt die stimmungsvolle Kulisse auf, als warte die Saloontür nur darauf, dass sie jemand eintritt. "Oldschool wie 'n Western-Sample", kommentiert Separate folgerichtig in "Goons".
So ganz alleine steht er übrigens gar nicht gegen die Welt: An seiner Seite streiten unter anderem Abroo und Lakmann ("3 Mann Gegen Den Rest"), Eko Fresh und der Frankfurter Gregpipe ("Hip Hop"), oder eben Ercandize, mit dem Separate in "Krank" um den Titel "The Illest" wetteifert. Eine angenehme Ausnahme im Meer der anderswo inflationär vertretenen Hookline-Heulbojen bietet Overdoze, der insbesondere mit seinem jamaikanisch gefärbten Gesang in "In Meinen Händen" eine echt gute Vorstellung abliefert.
Zahlreiche gepitchte Vocal-Samples und stabile Basslinien unterstreichen das Versprechen: "Ich bring' euch den 90er-Rapshit zurück." Nicht innovativ, nicht übertrieben originell - aber irgendwie passt das alles zu Separate. Der pfeift vielleicht auf den äußeren Schein, kein Stück jedoch auf seine aufrechte Haltung.
5 Kommentare
"Zahltag" hab ich damals hoch und runter gehört. Yeah, Deutschlands Hustler! Und wenn ich mir die ersten Tracks so anhör... können andere ja Indie Rap für´s Stadion feiern, mich kickt Seppo gerade 10x mehr.
Jo, kenne eigentlich auch nur Zahltag...find Seperate raptechnisch auch nicht sooo toll, aber die Mega-Beats von Shuko habens rausgerissen, schade, dass der anscheinend nicht mehr am Start ist (ist wohl zu large geworden für Seppo )
ich weiß nicht..ich hab bei dem immer den kollegah diss im ohr
Bei Separate fallen mir immer Adjektive wie "nett", "solide" usw. ein. Richtig schlecht war er nie, zwingend gut aber irgendwie auch nicht. Dass er durch diese Kollegah-Geschichte so unterging, tat mir dann aber schon leid. Bin mir recht sicher, dass sein ausbleibender Erfolg in den letzten Jahren auch damit zusammenhing, weil es vielen - bis zu 'nem gewissen Grad einschließlich mir - ähnlich geht wie Garret. Zwar reden Rapper im Zusammenhang mit Diss-Tracks immer wieder von "Karrieren zerstören", hier ist das aber imho mal wirklich der Fall gewesen.
Ich hab bei ihm immer die Line "..dann kam K.d.Z. und ich dachte ich mach aus Casper nen Star..." aus "Deutschlands Hustler" im Ohr. Hat Casper ja dann ganz gut allein geschafft. Nichtsdestotrotz finde ich es im Moment, wo gerade die eine Hälfte der MCs humorigen Straßenrap macht, und die andere Hälfte denkt, sie wäre Thom Yorke/Tom Waits, sehr angenehm, jemanden mal wieder vollkommen unironisch über Rap rappen zu hören. Vielleicht erinnert mich seine Stimme und sein Flow aber auch nur angenehm an früher...