laut.de-Kritik
In den Abgrund stürzen sich Sepultura-Fans mit Ansage.
Review von Eberhard DoblerFast zehn Jahre nach seinem Ausstieg ließ Max Cavalera verlauten, er könne sich eine Reunion mit seinem Bruder Igor, Gitarrist Andreas Kisser und Basser Paulo Jr. vorstellen. Käme die Wiedervereinigung tatsächlich zustande, wäre Derek Green, der mittlerweile drei Sepultura-Platten eingeschrieen hat, der Leidtragende.
Ähnlich den jüngsten Studioalben zeigt der Live-Mitschnitt aus Sao Paulo vom 3. April, der auch als Doppel-DVD inklusive Bonus-Material erhältlich ist, weshalb seine Vocals spalten. Derek bietet eine exakte Performance, aber selbst wenn es ein alter Hut ist: Niemand schrie "Roooots Bloody Rooooooots" effektiver als Max. Fairerweise muss man zugestehen, dass seine Fußstapfen als Songwriter, Bandgründer, Sänger und Gitarrist schon verdammt groß waren für einen Shouter.
Den Fans taugts trotzdem. Derek und seine Backline prügeln einem auch wirklich die Hirnmasse aus dem Schädel. Igors Stöcke rattern wie eine frisch geölte Gatling. Nach seinen Bassdrums und Kissers Gitarren lässt sich die Uhr stellen. Einzig der Bass setzt sich im Thrash/Tribal-Gewitter zu wenig durch. Womit wir beim Knackpunkt der Doppel-CD angelangt wären. Es fehlt an Volumen. Selbst wenn sich der Nackenbrecher-Charakter der Show unmittelbar erschließt und der Sound transparent wirkt: Der Wumms fehlt. Moshen als Trockenübung sozusagen.
Ansonsten bleibt eine Reise durch Sepulturas Bandgeschichte dank gnadenloser Hymnen und hoher Schlagzahl wieder eine bombensichere Angelegenheit. Das Quartett stützt sich bevorzugt auf ältere Scheiben wie "Chaos A.D." (1993) oder "Schizophrenia" (1987). Von den Platten, die Derek einsang, kommt lediglich "Roorback" (2003) verstärkt zum Einsatz. Warum eigentlich? Schließlich böllern neuere Tracks wie der Opener "Apes Of God" oder die gemeine Walze "Mindwar" weiß Gott ordentlich.
Zu astreinen Groove-Anschlägen wie "Slave New World", "Attitude" und "Territory" grölen die Fans dann mit, als stünden sie selbst hinterm Mikro. Auch die stahlharten Doppelpakete "Arise/Dead Embrionic Cells" und "Refuse/Resist" oder die frühen Stücke "Necromancer" und "Troops Of Doom" entspringen direkt dem Abgrund. Und in den stürzen sich Sepultura-Anhänger mit Ansage. Die begeisterten Sprechchöre beweisen es.
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