laut.de-Kritik
Das härteste Zwei-Stunden-Stahlbad der Headbanger-Historie.
Review von Stefan JohannesbergHölle! Nur ein Wort, aber die ganze Wahrheit, kommt mir in den zermoshten Sinn, als Sepultura ihre neue Wahnsinnslive-Scheibe mit dem obligatorischen Motörhead-Cover "Orgasmatron" rockig-ruhig ausklingen lassen. Das Roadrunner-Label hat sich also endlich erbarmt, allen Fans der gepflegten Schädelmucke den legendären, letzten Auftritt der brasilianischen Urformation in die heimischen Boxen zu legen. Zu Recht, denn hinter mir liegt wohl das härteste Zwei-Stunden-Stahlbad der Headbanger-Historie seit Slayers "Decade of Aggression", heftigste Nackenschmerzen natürlich inklusive.
Der Ort des Kopfschüttel-Pogo-Infernos war am 16. Dezember 1996 die berühmt-berüchtigte Londoner Brixton Academy. Sänger und Gitarrist Max Cavalera stand damals mit seinem trommelnden Bruder Igor, Klampfenkollege Andreas Kisser sowie Bassist Paulo Pinto Jr. zum letzten Mal auf der Bühne, ehe sich ihre Wege trennen sollten. Sepultura versuchten danach zwar den Abgang von Max mit Frontsau Derrick Green zu kompensieren, konnten jedoch mit den folgenden Alben "Against" und "Nation" nicht an ihre alte Klasse anknüpfen. Max indes gründet bald die Kombo Soulfly, doch trotz guter Kritiken fehlt es auch seinen drei Scheiben an der einstigen Intensität. Sepultura bleiben einfach unerreicht, und dieses Live-Dokument zeigt, warum.
Brutal und knallhart knüppeln sich Sepultura durch die Songs aus zehn Jahren Bandgeschichte. Das Hauptaugenmerk liegt logischerweise auf der Tribal-Thrash-Platte "Roots", die mit 11 Tracks vertreten ist. Auch die tonnenschweren Grooves vom 93er Vorgänger "Chaos A.D." dürfen nicht fehlen. Wer nach Max' Aufforderung "Let's Fuck Shit Up" und dem anschließenden "Refuse/Resist"-Gewitter noch auf den Beinen steht, zählt entweder zu den ganz Harten oder hat sich komplett in der Musikrichtung geirrt. Gleiches gilt für die Death Metal-lastigen Anfangstage, von denen es immerhin die "Troops Of Doom" und "Necromancer" aufs Album geschafft haben, sowie für die Anfang Neunziger-Hymnen "Arise" und "Beneath The Remains".
Für die Hardcore-Punkfans haben sich die Vier dann etwas ganz Spezielles ausgedacht. Ihre Referenzen reichen eh bis zum Ex-Dead Kennedys-Boss Jello Biafra ("Biotech Is Godzilla") zurück, aber die Coverversion des Cro-Mags-Hammers "Gotta Know" schlägt dem Fass den Boden aus und fügt sich wie von selbst in die Setlist Sepulturas ein. Mann, warum war ich damals bloß nicht live vor Ort, denke ich mir und schiebe die erste CD wieder in meine Stereoanlage. Und wieder geht die Luzie ab: "Roots Bloody Roots, Roots Bloody Roots ... "
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