laut.de-Kritik

Dem Pionierprojekt des modernen Rap gehen die Ideen aus.

Review von

Tendai Mairare ist weiterhin und nunmehr so wirklich komplett raus, er liefert nicht mal mehr Drums dazu. In den Palaces Shabazzt Ishmael Butler endgültig alleine vor sich hin. Wobei, so wirklich stimmt das nicht, dafür geht deutlich zu viel Volk ein und aus. Nicht unbedingt A-Riege, solche Gäste wie Royce The Choice, Porter Ray, Butlers Sohn Lil Tracy oder Butlers Labelzögling Lavarr The Starr, aber Prominenz würde ja auch nicht zu Shabazz passen, schließlich ist Butler lange genug im Game, um einen eigenen Mikrokosmos angesammelt zu haben. Drei Jahre musste man auf neuen Output warten, viel Zeit, um ein Pionierprojekt des modernen Rap neu auszurichten.

"Robed In Rareness" beginnt stimmig mit "Binoculars", das auf einem knochentrockenen Beat und einem verwaschenen Gesangsloop Raps bietet, die sich von Butler ausgestoßen anhören wie in einem Sci-Fi-Noir-Anime vom Astronautenhelm durch einen Sprachcomputer auf die Brücke übertragen – also wie Butler sich halt meistens anhört – und die von Featuregast Royce The Choice angenehm melodisch eingebracht werden. Shabazz behält auch als Soloprojekt erfolgreich seinen künstlerisch seit vielen Jahren einflussreichen Trademark-Sound, der viele beeinflusst hat, allerdings von jüngeren Rappern mit mehr Aggressivität oder mehr Gesang interpretiert wird. Butler und sein exaltierter Rap mitsamt Mid-Slow-Tempo bleibt einzigartig.

Kinder mit zur Arbeit zu bringen, ist meistens nervig, und so harmonieren Tracy und Butler auf "Woke Up In A Dream" wie Homer und Bart im Kraftwerk, sofern die beiden Simpsons halb in Lean ersäuft würden. Irgendwer flüstert hier von links nach rechts, sehr bedeutungsschwanger, dahinter macht jemand den angesoffenen Gregorianerchor, alles hochgradig irrelevant. "P Kicking G" weckt den Hörer rechtzeitig auf, um von den interessanten, obelisken Synthies angezogen zu werden. Leider setzt Ishmael dem Song, fast ohne dass man es mitbekäme, die Chloroformmaske auf, weniger durch die Repetitionen, mehr durch die Vorhersehbarkeit. Entsprechend ist das Ding vorbei, bevor man es überhaupt so richtig bemerkt hat.

Schauen wir also lieber erstmal auf die Lyrics: Butler ist als Schreiber ein gutes Stück weit unkaputtbar, solange sein Notizbuch mit Edelversen wie "I shine on everything / I promise like a wedding ring" vollgekritzelt bleibt. Die Gespensterbahn-Atmosphäre früherer Alben, die einen die Einsamkeit des Weltalls aufzwängte, erreicht "Robed In Rareness" hingegen nicht. "Cinnamon Bun" hört sich schon als Titel toll an, Essen und Rap passt einfach, das wusste schon MF Doom. Es handelt sich um das Albumhighlight, auch weil Feature Lavarr The Starr, den Butler in der Öffentlichkeit schrägerweise als seinen Zwilling vorstellt, organisch eingebunden ist und nicht in einer Rolle als Fremdkörper verharrt - das Schicksal aller anderen Gäste. Das Ergebnis muss man mögen, hier überwiegt der hypnotische Aspekt den langweiligen jedoch deutlich. Komplexe, vielschichtige Drums und ein besonders gelungener Basspart zur Mitte des Songs tragen dazu merklich bei. Butler nimmt die eigene Leistung am Pult dankbar auf und trägt mit großer Souveränität vor und variiert dabei immer wieder das Tempo.

"Scarface Mace" kann dieses Niveau leider nicht halten, auf einen stimmungsvollen Beginn folgt ein dröger, zäher Track, auf den weder der MC noch Gast O Finess Bock haben. Eine Idee, wie das klingen sollte, ist schon irgendwie erkennbar, nur gerät sie zu wenig ausformuliert. Das merkt der Seattleite selbst, sonst würde er das Lied wohl nicht mit Space-Laser-Sounds abschießen. Leider wird es auf "Gel Bait" richtig wild, das wäre Butler früher nicht mal als Outtake durchgegangen. Bemerkenswert, wie satt und unsympathisch der Mann am Mic hier klingt. Das ganze völlig unausgereifte Ding schreit einen an: Der Beat ist schief, das ist edgy Kunst! Gottlob bleibt es der einzige richtige Rohrkrepierer. Der Closer "Hustle Crossers" macht das Kraut zwar nicht fett, überzeugt aber mit seiner creepy Atmo zumindest ein wenig.

Nach 24 Minuten macht sich das berobte Album schon wieder rar. Wirklich schlauer ist man nicht, vor allem nicht über die Richtung, in die Butler mit dem Projekt Shabazz Palaces genau hinwill. Man erkennt die Band wieder, und Butlers handwerkliche Fähigkeiten und Sprachbilder schützen größtenteils vor kompletten Reinfällen. Bringt aber wenig, scheint doch das Songwriting diffus und über weite Stellen ideenlos. Mit Ausnahme von "Cinnamon Bun" könnte keiner der Tracks auf "Robed In Rareness" sich irgendeine Hoffnung auf Aufnahme in eine Best-Of machen. Warum mussten diese gut zwanzig Minuten überhaupt sein? Der üble Verdacht kommt auf, dass es wohl nicht an einem Überangebot an guten Tracks liegen wird.

Trackliste

  1. 1. Binoculars (feat. Royce The Choice)
  2. 2. Woke Up In A Dream (feat. Lil Tracy)
  3. 3. P Kicking G (feat. Porter Ray)
  4. 4. Cinnamon Bun (feat. Lavarr the Starr)
  5. 5. Scarface Mace (feat. O Finess)
  6. 6. Gel Bait (feat. Geechi Suede)
  7. 7. Hustle Crossers

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