laut.de-Kritik
Lemon Tree goes Indiepop.
Review von Mathias Möller"Rock'n'Roll With A Little Bit Of Style", soso. Das weckt Assoziationen zu Schweiß, Gitarrenwänden und Bier auf Anzugjacken. Ein bisschen Hellacopters, Dirtbombs oder Blues Explosion. Und dann die Typen auf dem Cover. Mit Balken über den Augen. Das deutet wohl ihre Gefährlichkeit an. Obwohl, ist das links nicht Nils Bokelberg ganz früher? Egal, Luftgitarre eingestöpselt, Lautstärkeregler nach rechts und Play!
Schön verarscht, die Gitarre fällt schon bei den ersten Takten aus den Händen, und im Hirn schrillen die Alarmglocken: Etikettenschwindel! Wo ist der versprochene Rock'n'Roll? Das erinnert mehr an Lemon Tree goes Indiepop. Beliebige Pop-Tunes, die vor fünf Jahren schon so von der Insel kamen und heute in Bands wie Keane, Starsailor oder JJ72 ihre Meister finden.
Dabei sind die Ansätze durchaus hörbar. Sänger Frederic heult und greint, dass man ihm eine üble Kindheit in Newcastles Arbeitervierteln abnehmen würde. Besonders "Did You Ever Love Me" oder das leisetreterische "Silent" können in Ansätzen überzeugen. Leider ziert auch so ein Ausfall wie das äußerst chartkompatible "Popbitch" das Album, eine Huldigung an Rock'n'Roll und Pop gleichzeitig. Häh?
In eben jenem Song rühmen sich Shine: "We are stealing, we are feeling fine, so fine". Das muss man ihnen lassen, was sie spielen, klingt kompetent, sie haben definitv die richtige Musik gehört, leider gelingt es ihnen nicht, etwas Eigenständiges zu komponieren. Auch wenn man zugeben muss, dass "If I Can't Have You" (musikalisch) einiges zu bieten hat. Wer auch immer Iris ist. Leider ersticken auch hier Shine das Rock'n'Roll versprechende Gitarrensolo im Keim. Ein bisschen Richie Sambora hätte es schon sein dürfen.
Und spätestens am Ende des Booklets weiß man auch, warum bei Shine jeder an der falschen Adresse ist, der Rock'n'Roll erwartet. So dackeltreu wie der Frontmann guckt, wird das nix mit zerschmetterten Gitarren und Whiskyflaschen auf der Bühne. Das nächste mal bitte als bekennende und praktizierende Indiepopper, und wenn's geht ohne Aufforderung zum Bibellesen.
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