laut.de-Kritik

Deutschpunk mit Herz.

Review von

Sobald das Thema Deutschpunk aufkommt, fällt seit jeher unweigerlich der Name Slime. Als eine der langlebigsten und unbestritten wichtigsten Vertreter des Genres haben sie sich in die Herzen gleich mehrerer Generationen gespielt. Als Sänger und Urgestein Dirk Jora die Band im Jahre 2020 verlässt, sieht es kurzzeitig nach dem Ende der 40 Jahre währenden Bandgeschichte aus. Schon bald wird bekannt, dass sich die verbleibenden Mitglieder mit dem ehemals obdachlosen Straßenmusiker Tex Brasket zusammengetan haben und mit diesem an einem neuen Album schreiben. 2022 erscheint mit "Zwei" das erste Album in der neuen Konstellation.

Selbstverständlich sind nicht alle glücklich mit dem Wechsel, ebenso selbstverständlich klingt nicht mehr alles exakt so, wie man es eben von den Hamburgern bisher gewohnt war, aber am Ende überzeugt Brasket mit seiner rauen, verlebten Stimme. Nach fleißigem Touren und dem Erscheinen der echt lesenswerten Biografie des Sängers wird es nun Zeit, den nächsten Schritt zu gehen und ein neues Album auf die Welt zu bringen. "3!+7¹", so der etwas sperrige Titel, setzt eigentlich genau dort an, wo uns der Vorgänger abgeliefert hat.

Man kann es nicht anders sagen, die Band hat Bock. Das ganze Album sprudelt nur so vor Innovation und einem Händchen für griffige Melodien. Die Gitarren kommen von Christian Mevs und Elf Mayer, die schon auf dem legendären Debüt gemeinsame Sache gemacht und den Sound der Band maßgeblich geprägt haben. Die Vorab-Single "Armes Deutschland" geht das als bestes Beispiel durch und hat eigentlich schon alles, was ein moderner Punksong braucht. Eine fette, aber nicht gekünstelte Produktion, dazu ein geiles Zusammenspiel von Drums und Bass und die raue, wütende Stimme des Neuzugangs Brasket. Seine Lyrics schlagen hier kaum philosophische Kapriolen und gehen letztlich klar. Nicht mehr, nicht weniger.

Und hier genau liegt der Schwachpunkt eines eigentlich richtig guten Albums. Während Songs, wie etwa die leichte Scherben-Verneigung "Generalstreik" oder die post-punkige, angenehm gruselige Schizo-Hymne "Monster" auch textlich im grünen Bereich bleiben, strotzen andere vor nichtssagender Proletenlyrik und unnötigen Kraftausdrücken. Geschmacklose Zeilen wie "Ham' unsre Mutter vergewaltigt. Ham' sie so richtig durchgefickt" ("Evolution") wechseln sich ab mit nichtssagenden Reimen. Dazu wiederholen sich abgedroschene Phrasen wie "den Karren an die Wand fahren" ("Euch Will Ich Sehen", "Rotterdam") und manches ergibt am Ende einfach keinen Sinn. "Freiheit fängt im Kopf an und hört im Idealfall nicht im Arsch auf." ("Schatten") Ah, genau.

Vom offenbar absichtlich prollig gestalteten, etwas hosenartigen "Irgendwas Mit Saufen", einem Anti-Saufsong-Song, mal abgesehen, gibt es ausschließlich gute Stücke auf dem Album und singen kann 'der Neue' auch. Warum es da an altersangemessener Lyrik fehlt, bleibt rätselhaft.

Bei einem derart gut arrangierten und vertonten Album, voller großer Melodien, Ska- und Reggaebeat-Anleihen und einfach richtig geilen Punksongs bleibt da nur ein Begriff: Schade. Nächstes Mal bitte mehr Mühe geben, die meisten hier sind keine motherfuckin‘ 15 mehr.

Trackliste

  1. 1. Armes Deutschland
  2. 2. Euch Will Ich Sehen
  3. 3. Evolution
  4. 4. Wer Du Bist
  5. 5. Rotterdam
  6. 6. Monster
  7. 7. Irgendwas Mit Saufen
  8. 8. Generalstreik
  9. 9. Self Delete
  10. 10. Bock Auf Leben
  11. 11. Schatten
  12. 12. Fuckt Mich Ab
  13. 13. Zeit Zu Gehen

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