laut.de-Kritik
Subtile Schönheiten für die Indie-Gemeinde.
Review von Mathias MöllerIm Westen was Neues: während die versammelte Indie-Gemeinde geifernd den für Anfang nächsten Jahres angekündigten Doppelschlag von Saddle Creek-Darling Conor Oberst erwartet, kommt aus Nebraska eine weitere Albumperle: Son, Ambulance erfreuen uns mit ihrem zweiten Volle-Länge-Album. Popsongs, so gradlinig und so verquer, wie sie nur ein wahrer Könner schreiben kann.
Bandkopf Joe Knapp hat mal eben die komplette Band ausgewechselt, aber das tut dem Hörgenuss keinen Abbruch. Etwas lauter, elektrischer sind sie geworden, das Singer/Songwriter-Element rückt ein wenig in den Hintergrund, weiter vorne stehen jetzt eine breitere Instrumentalisierung, und ein gehöriger Schuss Seventies-Schwermut. Die beiden ersten Tracks stecken den Rahmen, von hieraus geht es in die große Leere der Melancholie. Die Quetsche bei "Billy Budd" bedient übrigens kein geringerer als Tim Kasher.
A propos, manchmal meint man, etwas Good Life/Cursive-Songwriting durchzuhören. Gibt es ihn doch, den einen Omaha-Sound? Nein, denn Son, Ambulance sind sie selbst, vor allem wenn sie sich in opulenten Acht-Minuten-Orgien verlieren. Ohne dabei am Ende vor Einfallslosigkeit hysterisch zu werden, die Songs wirken gut durchdacht, das ganze Album wie aus einem Guss.
Wohl akzentuiert spielt Knapp auf der Laut-Leise-Klaviatur, so dass sich wohltuende Abwechlung, aber kein störender Bruch in den Gehörgängen niederschlägt. Es braucht nur leider seine Zeit, bis sich diese Erkenntnis durchsetzt. Das Intro "Entropy" mag nicht so richtig passen, doch der Rest des Albums wächst mit jedem hören. Sogar die scheinbaren Nebensächlichkeiten wie die "C Minor Interlude" betören mit ihrer subtilen Schönheit.
Son, Ambulance verschießen ihr Pulver auch nicht gleich zu Beginn der Platte. Eines der stärksten Stücke ist das zarte "House Guest", kurz darauf zitieren sie zuerst die Stones ("Taxi Cab Driver"), nur um dann in fast neun Minuten beatlesquer "Hey Jude"-Rührigkeit aufzugehen. Hach, ist das schön. Dazu eine Tasse Zimttee und eine Mandarine, und mir kann heute nichts mehr passieren.
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