laut.de-Kritik
Vorsicht: Heavy Metal kann Karies fördern!
Review von Jürgen LugerthVielleicht hat es einen Grund, dass der Sänger der symphonischen Melodic-Rocker Sonata Arctica aus Finnland ausgerechnet Tony Kakko heißt. Gut, das ist wohl nur außerhalb von Suomi leidlich witzig, aber eine gewisse Relevanz hat das beim Hören dieses Albums schon. Immerhin bleibt festzustellen, dass der Herr über eine recht akzeptable Stimme verfügt, die er mit Inbrunst und Leidenschaft einsetzt und gerne auch doppelt oder in mehreren Schichten übereinander legt, um seinen Texten von Liebe, Leid und Mysterien aller Art den nötigen dramatischen Nachdruck zu verleihen.
Die Band in seinem Rücken unterlegt diese Botschaften mit teils galoppierenden Power Metal-Rhythmen, über denen heftig solierende Gitarren fiedeln, während Bass und Drums mächtig marschieren. Viel öfter jedoch dominieren synthetische Keybordklänge, die mal klebrig im Stil der 80er Jahre daher kommen oder sich zu melodisch dräuenden Wänden auftürmen. In diesem Fall klagen dann die Sechssaiter so herzzereißend in endlosen Kantilenen, dass einem die Tränen in die Augen schießen.
Speziell in den hier überreichlich vorhandenen Balladen und balladesken Einleitungen wird es für Diabetiker und Karies-Geschädigte schnell gefährlich, denn der Zuckergehalt dieser Kompositionen liegt meist weit über dem, was man im Quengel-Regal an der Supermarkt-Kasse vorfindet.
Nur zwei Stücke, nämlich der Opener "Closer To An Animal" (der ziemlich nach Europe klingt) und der siebte Track "Rise A Night" legen ordentlich los und rechtfertigen das Label 'Power Metal', das Sonata Arctica gemeinhin anhaftet. Titel wie "Life", "We Are What We Are","Till Death's Done Us Apart" (buhuhu!) oder "Candle Lawns" sind größtenteils schwülstiger Schmalz und melancholische Selbstbespiegelung in endlosen Schönklang-Tiraden, so zuckersüß, dass einen nur hektisches Zappen vor dem Zahnausfall rettet.
Was muss der gute Herr Kakko in letzter Zeit alles an Widrigkeiten erlitten haben. Mindestens so viel wie der arme Hörer, der diesen Weltschmerz konsumiert. 'Die spinnen, die Finnen', so hört man es scherzhaft hier und dort. Man ist nach den letzten Tönen von "The Ninth Hour" dennoch geneigt, dem Spruch Recht zu geben. Der größte Witz folgt am Schluss: "Run To You" vom kanadischen Rock-Schmusebär Bryan Adams noch mit auf das Album zu packen, ist wirklich lachhaft. Beinharte Metal-Romantiker/innen könnten diese Platte trotzdem lieben. Es ist ja bald Weihnachten.
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