laut.de-Kritik
Lieblingsthemen: Lebensberatung und Alkohol.
Review von Andreas DittmannSka-Punk. Uff, je ... Selbst Nu Metal hat im Laufe seiner Geschichte eine interessantere Entwicklung durchgemacht als dieses untote Genre. Seit Jahren herrscht kreativer Stillstand, doch es ist einfach nicht wegzukriegen.
Immerhin hat man schon lange nichts mehr aus der Gegend gehört. Die letzten Alben der Mad Caddies oder von Ska-P liegen jetzt auch schon einige Jahre zurück. Da kommen Sondaschule also gerade recht. Zumal "Lass Es Uns Tun" erfreulicherweise mehr an Farin Urlaub als an den zehnten miesen Aufguss der unerschütterlichen Mighty Mighty Bosstones erinnert.
Das liegt vor allem daran, dass die sieben Herren den Ska-Regler nach unten fahren, dafür aber den für Pop nach oben ziehen. Punk und Rock bleiben ungefähr auf gleicher Stelle. So bekommt man eine Platte, die mit ihrer fluffigen Leichtigkeit und poppigen Fröhlichkeit an "Endlich Urlaub" erinnert. Das ist ja gerade im Winter schön.
Natürlich gibt es immer noch die Ska-Punk-Knaller, die das tanzwütige Publikum zum Schwitzen bringen: "Nie Im Radio", "Irgendwie Andersrum" oder der Opener "Neue Welt". Off-Beat, verzerrte Gitarren und Trompeten. Man kennt das ja. Manchmal mag man es sogar.
Bei "Wenn Sie Tanzt" glitzert dann aber die Disco-Kugel, Elektro-Melodien flirren umher und der Bass zieht den Song groovend auf die Tanzfläche. "Deine Ängste" passte mit dem hohen Background-Gesang, dem schnellen Gitarren-Riff und dem ironischen Text hervorragend auf ein Ärzte-Album.
"Lass Es Uns Tun" geht mit Orgel und lockerem Beat in die Reggae-Richtung. Bei "Aber Sicher" erzählt (wörtlich nehmen!) Sänger Costa Cannabis über einem stampfenden Beat von den Schicksalsschlägen des Lebens.
In "Das Leben Geht Weiter" geht es ebenfalls um die Steine, die man uns in den Weg zu werfen pflegt, und wie wir damit am besten umgehen sollten: "Hinfallen. Aufstehen. Krone richten. Weiterlaufen." Danke für den Tipp. Zweites Lieblingsthema: Alkohol. Mal etwas kritisch ("Für immer nie nüchtern") dann wieder überschwänglich auf Party geeicht ("Irgendwie Andersrum").
Dazwischen darf leise Gesellschaftskritik anklingen: "Und so marschierst du brav im Takt der Diktatur / Denkst, Zeit ist Geld aber im Grunde bist du nur / Ein Sklave der Uhr." Immer mit einer Prise Ironie gewürzt. "Dem Spielplatz bleiben seine Kinder weg / denn der Mensch von heute sitzt halt vor dem Internet / braucht keine Freunde, hängt bei YouTube rum / Und ist er einsam, guckt er Videos mit Publikum".
Costa gewinnt sicherlich keine Lyrik-Preise mit seinen Songs – besser als Rod textet er aber allemal. Zwar tun sich hier auch keine tollen neuen Erkenntnisse auf, aber man kann eine Zeit lang seinen Spaß mit dem Album und Costas Formulierungen und Reimen haben. Vor Peinlichkeiten (Ich sag' nur: Tamagotchi ...) bleibt man dankenswerterweise verschont.
Am Ende bleibt Ska-Punk aber immer noch Ska-Punk, daran ändern Sondaschule trotz des poppigen Einschlags und dem guten Songwriting auch nichts. So wird "Lass Es Uns Tun" vermutlich noch ein-, zweimal im CD-Player rotieren, ehe es dann im Regal verstaubt.
3 Kommentare
ich steh ja auf ska, aber der gesang und die texte...
Hm, jemandem ein Ska-Punk Album in die Hände geben, der augenscheinlich Ärzte Fan ist und nichts mit dem Genre anfangen kann? Ich weiß nicht...
Finde das Album nach den ersten Durchläufen spitze. Nicht ganz so rockig wie das letzte, aber gerade der Beginn ist mehr als stark. Gerade textlich mag ich's.
Mich würds wundern wenn Sondaschule tatsächlich mit "endlich urlaub" mithalten können.