laut.de-Kritik
Melancholisch, aber auch zuversichtlich: Für ruhige Stunden.
Review von Toni HennigSeit fast einem Vierteljahrhundert veröffentlicht die Schwedin Sophie Zelmani in aller Regelmäßigkeit sanfte und melancholische Singer/Songwriter-Werke für romantische Abende am Kaminfeuer. Daran ändert sich auch mit "Sunrise", dem mittlerweile zwölften Studioalbum der 47-jährigen, nicht viel. Ihre Musik bereichert sie dennoch um ein paar spannende Nuancen. So lebt jeder Song von ihrer unverkennbaren Handschrift und besitzt eine eigene Identität.
Zunächst bewegt sie sich jedoch in "No Room For Dealing" mit dezenten Piano-Klängen, tiefen Streichern und wenigen behutsamen Akkorden an der Akustikgitarre in sicheren Folk-Gewässern. Erst mit "Only A Miracle" kommt etwas mehr Weiterentwicklung ins Spiel. Für ihre Verhältnisse klingt das Stück ziemlich straight und verfügt über eine eingängige Melodie, die sie mit rockigen Saitentönen und ausgelassenem Flötenspiel unterlegt.
Die Texte der Skandinavierin drehen sich um zwischenmenschliche Erfahrungen, die sie entweder selbst durchlebt oder sich erdacht hat. Dabei geht es ihr darum, zu ergründen, warum gewisse Dinge passieren oder nicht, immer mit der Frage im Hinterkopf: "Was wäre wenn?" Dementsprechend finden sich auch in der Musik sowohl lebhafte als auch nachdenkliche Töne wieder.
Die changiert gelungen zwischen Balladeskem ("Sunrise", "Possibilities"), Poppigem ("Mirage", "In Control") und Countryeskem ("Giving God A Plan", "There Is Love", "How To Look At Life") hin und her und sorgt für die nötige Abwechslung. Vor allem die Uptempo-Nummern wie etwa "There Is Love", das mit sehnsuchtsvoller Akustik- und verträumter Steel-Gitarre versprüht eine unbeschwerte Naivitätt, die Zelmani erstaunlich gut zu Gesicht steht. Einfach mal locker lassen.
So suchte die Schwedin für "Sunrise" zwar einen Monat lang in Frankreich Inspiration, doch letzten Endes entstanden die meisten Nummern, nachdem sie wieder in ihre Heimat zurückkehrte, da sie feststellte, dass sich Kreativität nicht erzwingen lässt. Dabei beteiligte sich ihr langjähriger Produzent Lars Halapi schon früh am Schreib- und Kompositionsprozess und steuerte zudem eigene Ideen und Arrangements an der Gitarre bei. Die beiden haben also ein intuitives Verständnis füreinander, was sich zweifellos auf die Platte abfärbt.
Somit braucht man von Zelmani nicht zu erwarten, dass sie sich gänzlich neu erfindet, aber zumindest wagt sie sich hier und da ein bisschen mehr aus ihrer gemütlichen Komfortzone heraus. In "In Control" macht sie, begleitet von luftigen Saiten- und Piano-Klängen, von einem Vocoder Gebrauch, den sie jedoch songdienlich und zurückhaltend einsetzt. Etwas mehr Schwermut vermittelt dagegen "Mirage", das nicht nur durch ein Waldhorn, sondern auch durch kunstvolle Streicher-Arrangements auf angenehme Weise heraus sticht.
Ansonsten alles wie gehabt, nur dass die Mittvierzigerin vermehrt Americana-Einflüsse aufgreift, ohne ihr Gespür für harmonische und einprägsame Melodien zu verlieren. Demzufolge reichern in "Giving God A Plan" weibliche Backgroundgesänge das Stück um eine Prise soulige Wärme an, die einen gelungenen Kontrast zur skandinavischen Kühle der Sängerin bietet. Dazu erzeugen die akustischen Saiten-Klänge ein Gefühl von Weite. In "How To Look At Life" unterstreicht wiederum die Steel-Gitarre die getragene, pianolastige Grundstimmung.
Daher dürfte sie ihre Fans mit "Sunrise" nicht enttäuschen, zumal sie immer noch mit wenigen Mitteln eine große Wirkung erzielt. Trotzdem präsentiert sie sich etwas zuversichtlicher und organischer als bislang. Manchmal besteht immer noch die Gefahr, dass ihre Songs zu unscheinbar am Ohr vorbeiziehen, aber das kennt man von ihr nicht anders. Sie geht lieber mit kleinen Schritten nach vorne anstatt krampfhaft zu versuchen, sich zu verändern. Ihr Potential entfalten ihre Stücke hauptsächlich in den ruhigen Stunden des Lebens, wenn man einfach mal vom alltäglichen Stress abschalten möchte.
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