laut.de-Kritik
Gelungenes Elektro- und Dance-Experiment.
Review von Ulf KubankeUnberechenbarkeit, dein Name sei Soulwax! Rock, Krautrock, Psychedelik, Club & Dance sowie diverse avantgardistische Elektro-Ansätze und Remixe für Weltstars von Kylie bis Muse: Das alles ist höchstens die Hälfte ihrer zigtausend schillernden Facetten. Auch "Essential" lässt den Faden immerwährender Häutungen nicht abreißen.
Zum Verständnis des Albums benötigt man die Hintergrundstory. 2017 lud Pete Tong die Belgier in seine legendäre BBC-Radio-Sendung "Essential Mix". Dort gastiert seit einem Vierteljahrhundert alles, was in der DJ- und Elektroszene Rang und Namen hat. Sets bestehen in der Regel aus bereits veröffentlichtem Material. Soulwax fanden den Ansatz nicht interessant genug.
Sie wollten der Ehre ihrer Einladung in besonderer Weise Rechnung tragen. Also setzten sich die Gebrüder Dewaele zusammen und erstellten in zwei Wochen aus dem Stegreif zwölf neue Songs mit Namen "Essential One" bis "Essential Twelve". Jeder einzelne behandelt das Adjektiv "essenziell" auf individuelle Art.
Als Experiment und Selbstherausforderung kann man das Duo zu diesem mutigen Konzept nur beglückwünschen. Sieg und Scheitern liegen dabei eng beieinander. Mit jedem gelungenen Stück betonieren Soulwax ihren Status als Ausnahmetalente. Um die Effizienz des Aufbaus nicht zu verpassen, empfiehlt sich ein Hörgenuss in chronologisch vorgegebener Abfolge.
Aus einem Sammelsurium gestörter Radiofrequenzen schält sich zu Beginn langsam ein Beat, während sie weit im Hintergrund das Wort "essential" mantrisch artikulieren. Besonders das im Verlauf immer wieder auftretende repetitive Element profitiert dabei in seiner modernen Form von Versatzstücken, die Kraftwerk anno "Computerwelt" ersannen.
Zur Auflockerung taucht zwischendurch unterhaltender Pop-Appeal auf. So kombiniert etwa "Essential Four" das strenge Rhythmuskorsett mit blumigem Gesang von Gast-Chanteuse Charlotte Adigéry. Jeder Track bietet unter seiner stringenten Oberfläche Gimmicks, die dem Album bei aller Clubtauglichkeit im Detail zahlreiche Klangfarben bescheren.
Als besonderen Anspieltipp empfehle ich "Essential Ten" mit seinen effektiven Stereospielereien. Mit einem Ad-Hoc-Hüftschuss gelingt dem Duo eine der essentiellsten Platten ihres Katalogs.
1 Kommentar
Ach, fast ein weiteres Release komplett verpasst! Sehr geiler Mix, wobei ich damals die Radiosendung glücklicherweise schon mitbekommen habe.