laut.de-Kritik
Als hätten sie die Beatles mit Löffeln gegessen ...
Review von Vicky ButscherDass Spoon mit "Gimme Fiction" schon ihr fünftes Album raus bringen, ist in Deutschland kaum jemandem aufgefallen. Dabei hätte man ihnen schon mit dem Beatles-infizierten Vorgänger "Kill The Moonlight" einen weit größeren Erfolg gewünscht. Auch auf dem aktuellen Album hört man nicht unbedingt, dass die Band aus Texas stammt (und dort auch die Songs aufnahm). Viel mehr leihen sich viele Stücke wieder einmal Gitarrenklang und Gesangsmelodien von den Pilzköpfen aus Großbritannien (eindeutig: das grandiose "They Never Got You"). Nur wer zwischen den Zeilen hört, erkennt den rauen Charme des trockenen amerikanischen Indie-Pops.
Einen Hit schreibt das Trio aus Austin mit "I Turn My Camera On". Gitarre und Schlagzeug grooven wie ein leichter Phoenix-Song, der Gesang legt sich einprägsam und repetitiv darüber. Da klingt nichts aufdringlich oder offensichtlich, es bringt einfach dein Fuß, deinen Kopf, deinen Körper zum Wippen. Auch "The Delicate Place" ist so ein Kandidat. Zwar lebt der Song von einer weit ruhigeren Stimmung, da ist kein Platz für einen ausgeprägten Groove. Dafür spielen die drei so geschickt mit der Dynamik, dass der Hörer sich nicht entziehen kann.
Das offensichtlich eingängiger und deshalb einfacher angelegte "Sister Jack" überzeugt hingegen nicht. Das Stück an sich ist eher ein typischer uptempo Indiepop-Song, zu dem man ohne zu überlegen mitklatscht. Die provozierten, minimalen Ausbrüche aus dem simplen Korsett wirken allerdings ein wenig aufgesetzt. Dann doch lieber das Brendan Benson-artige "I Summon You" oder das mit herrlich düsteren Klängen unterlegte, mehrschichtige "The Infinite Pet" (höre ich da etwa die liebe, gemäßigte Version der legendär schrägen Ween raus?)!
Es passiert einfach zu viel in den Songs von Spoon, als dass man so etwas einfach an sich vorbeiziehen lassen sollte. Denn Spoon spielen mit ihren Instrumenten. Meist erklingen diese an Stellen, an denen man sie erwartet. Hier überrascht keine verschrobene, komplizierte Band den Hörer. Und doch arbeiten die drei immer wieder kleine, unerwartete Rhythmus- oder Melodiefragmente oder gleich komplett unerwartete Klänge in die Stücke. Die Texaner mit den musikalischen Wurzeln in England schaffen mit "Gimme Fiction" ein Album, das man angenehm nebenbei laufen lassen kann – das aber weit mehr bietet, hört man etwas genauer hin.
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