laut.de-Kritik

Halbgarer Kirmesrock mit GZSZ-Lyrics.

Review von

Zur Rechten singt Graf Unheilig im Duett mit dem Jammerbarden des neuen deutschen Pseudosoul, Xavier Naidoo. Zur Linken trällern Zirkuspferd-Mia oder Eso-Nena mit Vogelscheuchenmucke. Doch immer wenn man denkt, es gehe nicht schlimmer, öffnen die Sportfreunde Stiller Pandoras Box und setzen Deutschland ihre Pop-Rock gewordene Eselsmütze aufs leidende Haupt. "Erst komm' sie nicht, dann überfall'n sie dich!"

"Heyhey-Mymy, Selbstkritik will never die", radebrechen sie gleich im ersten Lied. Wenn es doch nur so wäre. Doch die drei Münchner vermeiden peinlichst genau jede Andeutung von kompositorischer, gesanglicher oder sprachlicher Entwicklung. Es gibt exakt zwei Sorten von Liedern: die unlustige Comedykeule oder nölige Selbsthilfegruppensongs mit gelegentlich romantischem Unterton. Letztere sind wirklich komisch, leider nicht freiwillig.

Dabei ist die Ausgangsposition musikalisch einladend. Ein Händchen für griffige Hooks haben die Sportfreunde seit jeher. Doch das Potenzial liegt weiterhin brach. Das dreckige Dutzend Lieder pendelt komplett zwischen halbgarer Stadionact-Darstellung, radiokompatiblem Formatpop und Kirmesrock. Dazu ein Schuss öligen Sauflied-Appeals, den sogar Campino von der Bettkante gestoßen hätte. Bloß nicht anecken.

"Wieder Kein Hit" liefert das Paradebeispiel einer ewig wiederholten Freud'schen Fehlleistung. Zu keinerlei Abstraktion oder Ironie in der Lage, dennoch gaukeln die Sportfreunde den Hörern seit anderthalb Dekaden vor, genau diese Fähigkeit zu besitzen. Obwohl mittlerweile im gesetzten Alter um die 40, reiten sie die als Lausbubencharme getarnte ewige Teenagerhuberei weiter, als ob es kein Gestern gäbe.

"Dödödöp zickezacke zickezacke hoi hoi hoi!", heißt es in "Unter Unten!". Der langweilige Allerwelts-Bummsrock bringt es - um mit Loriots Dickie Hoppenstedt zu sprechen - indes allerhöchstens auf "Zickezacke, Hühnerkacke." Peter Bruggers Phrasierung und Intonation klingt teilweise so abgelesen hingeleiert wie bei einem Viertklässler. In anderen Momenten quengelt er sich mit streberhaft tönenden Kirchentagsvocals durch die Platte. "Du bist du und ich bin ich. (...) Jetzt ist es wieder passiert. Ich habs nicht kapiert."

"Festungen Und Burgen" kommt als Betroffenheitsimitat Tocotronischer Melancholie daher. Doch wo jene Poesie und Emotion transportieren, reicht es bei den Bayern nur zum Melodram samt GZSZ-Lyrics. Obwohl hier erkennbar angelehnt an das Genre um von Lowtzow und Co., landet das Trio lediglich auf der Hamburger Sonderschule allen Rocks.

Gipfel dieses Note gewordenen Übels ist der Sparwitz-NDW-Track "Let's Did It". Mit cartoonhaft verzerrter Stimme und "Whoah-whoa-ooh"-Bierzeltchorus weiß das Stück nicht, ob es Hommage oder Satire sein möchte und gerät am Ende für beides zu halbherzig. Spätestens bei den Zeilen "Applaus, Applaus für deine Worte / Hör' niemals damit auf" weiß ich endlich, was Winston Churchill mit "No sports, please!" gemeint hat.

Trackliste

  1. 1. Eine Hymne Auf Dich
  2. 2. Wenn Pferde Schlafen
  3. 3. Applaus, Applaus
  4. 4. New York, Rio, Rosenheim
  5. 5. Unter Unten!
  6. 6. Es Muss Was Wunderbares Sein
  7. 7. Clowns & Helden
  8. 8. Festungen & Burgen
  9. 9. Wieder Kein Hit
  10. 10. Lederjacke
  11. 11. Let's Did It!
  12. 12. Wunder Fragen Nicht

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