laut.de-Kritik
Der Pavement-Sänger hat seinen Stil gefunden.
Review von Philipp SchiedelStellt euch vor, die alten Indie-Helden J Mascis, Evan Dando und Stephen Malkmus stellen sich gegenseitig die Frage: "Was machen wir nach den Neunzigern?" Mascis würde wohl erst mal zehn Minuten äähen und dann doch nichts sagen, Dando würde von seinem tollen, schönen, neuen Leben inkl. Drogenentzug erzählen. Tja, und Malkmus würde wohl einfach gelangweilt aus dem Fenster schauen.
Obwohl er das nach "Pig Lib" eigentlich am wenigsten nötig hätte. Wagt er mit seiner zweiten Solo-Platte im direkten Vergleich der Drei doch den bis jetzt am weitesten Schritt weg vom früheren Sound. Dass er sich nicht komplett von seiner Pavement-Vergangenheit löst, kann dabei keine große Überraschung sein.
Nach Zurücklehnen klingt das Album. Wie ein Stephen Malkmus, der sich auf den Lorbeeren einer der einflussreichsten Gitarren-Bands des letzten Jahrzehnts ausruhen kann, vom Musikmachen aber nicht loskommt. Wie jemand der seinen Style gefunden hat und nun ganz langsam herausfindet, was er damit noch anstellen kann. Malkmus zeigt sich leiser denn je, hat die lauten Gitarrenausbrüche satt und schreibt lieber so wunderschöne Songs wie "Ramp To Death" oder "Vanessa From Queens".
Und singt großartig. Auch wenn er selbst seine Stimme grausig findet, klingt sie hier gefestigt und fernab der früheren schrägen Tonlagen. Malkmus trifft neuerdings den Ton. Bei Pavement war das nicht wichtig, galt ihr Dilettantismus doch gerade als sympathisch. Mit den Jicks (seiner neuen Begleitband bestehend aus Portländer Freunden) wird das richtige Singen aber zum wichtigen Grundstein für das Gelingen der Platte, denn die sind weitaus tighter als es Pavement je waren. In den leicht verspielten Gitarren und gelegentlichen elektronischen Synthie-Spielereien steckt so viel Sinn für Perfektion, dass man seine falschen Töne da nur schwer verstecken kann.
Wie Dando und Mascis hat Malkmus nichts verlernt, und es fließen ihm immer noch diese grandiosen Songs aus der Feder. "(Do Not Feed The) Oyster" beispielsweise hat so einen knackigen Refrain, dass er in einer guten Welt im Radio rauf und runter laufen sollte. Und "1% Of One" ist eine dieser neunminütigen Indie-Arien, wie er sie von seinen Helden Sonic Youth immer gelernt hat, sich aber nie selbst traute: mit ewiglangen Gitarrensolis, aber ohne Rückkopplungsgefiepse.
"Pig Lib" besteht aus elf ganzen zusammen hängenden Liedern. Die sind gereift und nicht wie in seiner alten Band genial fragmentarisch hingeschmiert. Das ist Musik, der man anhört, dass ihr Komponist über dreißig ist. "Und das ist gut so", wie es die Bietigheimer Hausmänner-Truppe so treffend auf den Punkt bringt.
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