laut.de-Kritik
Wenn er den Mund aufmacht, klingt's nach Bob.
Review von Benjamin FuchsWie realistisch ist es, dass Künstler wie Damian Marley, Mos Def, Ben Harper und Spragga Benz auf einem Debütalbum aushelfen? Bei einem Neuling wäre es undenkbar, wenn der Debütant den Nachnamen Marley trägt und bereits (als Produzent) Grammy-Gewinner ist, wundert der Andrang weniger - selbst wenn das Album nicht besonders gut gelungen ist. "Mind Control" heißt der Solo-Einstieg von Stephen Marley.
Schon beim ersten Lied, dem Titelsong, empfängt Langeweile den Hörer: eine etwas altbackene Roots-Mucke zieht ihre anscheinend immer gleichen Kreise, kein großer Refrain und die einfallslose wie beliebige Aussage, die Menschen seien fremdgesteuert. Aber abwarten - vielleicht ist es mit Marleys Platte so wie bei Romanen von übertrieben selbstbewussten Schriftstellern, die arrogant genug sind, ihre Klasse erst ab Seite 100 zu entfalten. "Hey Baby" bringt etwas später eine Atmosphäre, die in ihrer Entspanntheit an "Road To Zion" von Damian Marleys Album "Welcome To Jamrock" erinnert - und an die Fugees.
Die Single "The Traffic Jam" weckt erstmals Interesse, ein Hauch von Originalität blitzt auf. Das Lied basiert auf einem einfachen Beat-Box-Pattern, darauf schwimmen lockere Toasts wie der Schokoriegel mit besonders schaumig geschlagener Füllung auf der Milch. Im Gegensatz zur Strophe kommt der Refrain ohne Worte aus – lieber lustig lautgemalt als schlecht getextet. "Chase Dem" liefert die typischen Forderungen, korrupte Politiker fortzujagen - eine Revolutionsforderung, die so alt sein dürfte wie der erste Reggae-Off-Beat.
Immer wieder klingt der übermächtige Vater durch, eigentlich immer. Stephen entkommt dem Schatten nicht, denn er reicht bis auf seine Stimmbänder. Wenn er den Mund aufmacht, klingt's nach Bob. Das sollte ihm freilich niemand vorwerfen, für die Stimme kann er ja nichts. Aber für die Songs kann er was, und ein richtig großer Wurf befindet sich auf diesem Album nicht. Vielmehr enthält es eine Menge mäßig spannender Routine, die gegenüber einem interessierten Hörer, der mehr erwartet, dreist wirkt.
Stephen Marley erzählt nichts Neues und davon viel. Gut, er beschränkt sich nicht auf Reggae, streut auch Hip Hop und Soul ein - darunter gibt es jedoch nichts, was Damian auf "Welcome To Jamrock" vor zwei Jahren nicht bereits besser umgesetzt hätte. Stephen sollte es wissen, er hat Damians Platte schließlich mitproduziert. Wer eine Musik-Bibliothek des Marley-Clans mit Anspruch auf Vollständigkeit anstrebt, der kaufe sich in Jahs Namen die Platte und suche anschließend das Marley-Beach-Resort auf.
2 Kommentare
absolut unterbewertet in meinen Augen.
@laut.de (« Immer wieder klingt der übermächtige Vater durch, eigentlich immer. Stephen entkommt dem Schatten nicht, denn er reicht bis auf seine Stimmbänder. Wenn er den Mund aufmacht, klingt's nach Bob. Das sollte ihm freilich niemand vorwerfen, für die Stimme kann er ja nichts. »):
[b:4733abe575]
"... kann er ja nichts"?![/b:4733abe575] Was soll denn der Scheiß?!!
Bob Marleys Stimme ist der absolute Wahnsinn und Stephen kann nur überglücklich sein, dass er die Stimme von seinem Vater geerbt hat.
Das Album gefällt mir aber auch nicht besonders, weil ich nicht auf diese HipHop-Beats stehe und weil mir da viel zu viele Balladen drauf sind.
Vereinzelt sind aber auch richtig gute Reggae-Nummern darauf zu finden (der Titeltrack und "Chase Dem").