laut.de-Kritik
Wie das Wiedersehen eines langjährigen Freundes.
Review von Jasmin LützSo manche neue Veröffentlichung alteingesessener Bands interessieren meist nur noch peripher. Klingt ja doch alles ähnlich. Für ihre gleich bleibenden Elektro-Pop-Sounds sind auch Stereolab seit Beginn der 90er Jahre bekannt und beliebt. Bei der englisch-französischen Postrock-Leidenschaft freut man sich allerdings über jeden klangvollen Wiedererkennungseffekt, der hier und da auch gerne mal aus der Rolle fällt.
"Chemical Chords" beginnt stimmungsvoll mit "Neon Beanbag" und sogleich läuft parallel im Kopf wieder die choreographische Tanzbewegung ab. "There's nothing to be sad about", singt Madame Sadier ein wenig beschwingter als noch auf den letzten Alben. Vielleicht sogar befreiter, nachdem die Gruppe 2002 ihr langjähriges Mitglied Mary Hansen durch einen tragischen Fahrrad-Unfall verloren hatte.
Nein, es gibt keinen Grund traurig zu sein. Die schnelleren Rhythmen steigern sich und werden ab und zu von ruhigen Streicher-Harmonien unterbrochen ("Chemical Chords"). Ein pompöses Blasorchester, psychedelische Percussions und gängige Moog-Anleihen, die leicht in 60s Revival-Modalitäten abdriften ("One Finger Symphony"), alles wieder da.
Mit der stets beruhigenden Stimme Laetitia Sadiers wandelt der Hörer bei jedem einzelnen Stück zwischen gemütlicher Lounge und verspielt-tänzelnden Pop-Chanson ("Daisy Click Clack"). Auch ohne Gesang, der meist in französischen Zeilen niedergeschrieben ist, rumpelt es ordentlich in der frankophilen Rockmaschine ("Pop Molecule – Molecular Pop 1").
Für die futuristisch anmutende Leidenschaft im Sound und die ästhetische Zusammenstellung der verschiedenen Synthesizer-Arrangements, Gitarren und Drum-Loops ist neben Sadier vor allem Tim Gane verantwortlich. Der Kopf der Band lebt mittlerweile in Berlin, weshalb anzunehmen ist, dass die aufregende Hauptstadt-Atmosphäre mit Sicherheit auch für schnellere Bewegungen in der Stereolab-Tracklist geführt hat ("Silver Sands").
"Chemical Chords" ist eine tänzelnde Soundtrack-Collage geworden, die eigentlich zu jedem Gemütszustand passt. Dabei macht es gar nichts aus, einen guten Freund länger nicht gesehen zu haben, denn umso intensiver gestaltet sich das bevorstehende Treffen.
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