laut.de-Kritik
Bon Jovi-Softrock mit alternativem Überzug.
Review von Magnus HesseWas haben die Beatles, Led Zeppelin, Oasis, Blur, ABBA, Genesis und U2 gemeinsam? Alle konnten fünf Nummer-Eins-Alben in Folge auf der Insel landen. Nun hat auch die Bande um Kelly Jones den Fünferpack geschnürt und reiht sich in die Riege besagter Schwergewichte.
Dabei haftet den Südwalisern im Gegensatz zu den genannten Stilvätern eher das Image der Mitläufer an, die sich beim Bankett der Rock-Größen regelmäßig von allem ein Häppchen aufschaufeln. Über diesen bis zum Rand gefüllten Teller wird ihnen indes nachgesagt, nur selten gelugt zu haben.
Und auch ihre neunte Songsammlung "Keep The Village Alive" bricht nicht aus der in 20 Jahre gemütlich eingerichteten Komfortzone aus. Für Text, Musik und die recht geleckte Produktion zeichnete Kelly Jones verantwortlich. Das Quartett pendelte von Brüssel in die eigenen Stylus-Studio-Gemäuer nach London, um die zehn Tracks einzuspielen, die sich aus einem Guss präsentieren, dabei allerdings immer wieder ins Plätschern kommen.
Erstmalig stutzt man beim Song für den Sommer, der mit einem aparten Akusikgitarren-Thema aus dem Auftakt alternativ-rockender Bon Jovi-Verschnitte herausragt. Bald schwingen sich Streicher empor und schleifen das ohnehin Kantenlose weiter ab. Und doch lässt sich den Songs der kurzweilige erste Eindruck selten absprechen. Weniger Kitsch steckt im Opener "C'est La Vie", der dem Hörer mit Indie-Rock'n'Roll à la Killers eine etwas falsche Fährte legt.
"Fight Or Flight" steuert im steilen Sinkflug auf die Zielgeraden zu und stapelt über ein fast Moby-ähnliches zwei Akkord-Klaviermotiv ein dramatisches Dauer-Crescendo. Für "My Hero" kleiden sich die Herren dann in staubige Smokings und mimen eine Acapella-Boyband mit Pausbäckchen und Zahnpastagrinsen. Spätestens bei dieser Vintage-Ballade mit stilecht antiquiertem Fadeout stehen die Stereophonics mehr als knietief im Schmotz-Pop und tönen wie Take That, bevor es sie gab.
In "Sunny" erklärt uns Jones dann, dass wir kein "money" brauchen, solange es "sunny" ist. Und dass dann alles sehr "funny" sei - ein Kadenzen-ABC in pathetischem Panic! At The Disco-Vierviertel-Gehämmer. Zwischendurch hat das was vom Vorspann einer US-80er-Jahre-Cop-Serie mit Pornobalken behafteten Gesetzeshütern im Auftrag für Staten Island. Vor allem wenn Adam Zindani seinen Sechssaiter im Finale aufheulen lässt, dann heulen auch die Blaulichter ganz laut und im Hintergrund explodiert auf dem Highway ein Laster, während unser Held eine Kippe wegschnippt.
An Theatralik sparen die Stereophonics jedenfalls nicht. Das gilt auch für "Into The World", das abermals die Harte-Schale/Weicher-Kern-Karte ausspielt und den Flügel-Softrock in den Gewitterregen stellt. Vielleicht kann die Kapelle ja deshalb landesweite Sympathien mit dem Slogan "Wayne Rooneys Lieblingsband" ergattern. Denn hier dürfen auch echte Kerle schon mal sentimental werden.
Facettenarmut kann man dem "Graffiti On The Train"-Nachfolger nicht attestieren, eher eine fehlende Linie. Daher reißt einen "Keep The Village Alive" kaum aus der Schieflage. Es sind letztlich viele kleine Schritte in verschiedene Richtungen - ein mutiger Schritt nach vorne ist es aber nicht.
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