laut.de-Kritik
Überwältigender Auftritt mit reichlich Bonusmaterial.
Review von Giuliano Benassi"Des ist foarchtbar. Des ist das letzte!", schleudert der österreichische Gitarrentechniker Thomas Nordegg seinem Betreuten in Landessprache entgegen, während dieser versucht, ein einfaches Riff zu spielen. Worte, die bei dem einen oder anderen Möchtegern-Griffbretthelden durchaus Sinn machen. Aber bei Steve Vai, einem der unbestrittenen Meister seines Fachs?
Die Episode aus der Bonus-DVD zeigt, dass es trotz der hohen Professionalität der Beteiligten bei Vais Welttour 2001 recht lustig zuging. Spaß haben und dabei Fans wie Neider an die Wand hauen, so die Aufgabe dieser Aufnahmen, die keine Möglichkeit auslassen, die aberwitzigen technischen Fähigkeiten der Musiker auf der Bühne zu unterstreichen.
Bassist Billy Sheehan beeindruckt schon beim Opener: Nicht nur spielt er auf seinem Bass schneller als die meisten auf ihrer Gitarre, sondern er darf mit "Shy Boy" auch ein eigenes frühes Lied vorstellen - das später zu David Lee Roths festem Repertoire gehörte. Schlagzeuger Virgil Donati ist zwar von Türmen an Fellen und Becken umgeben, versteckt sich aber weder technisch noch visuell. Der alte Bekannte Tony MacAlpine wechselt sich an Keyboard und Gitarre ab, während der junge Dave Weiner alle Tonlagen seiner sechs Seiten wirbelnd rauf und runter spielt. Eine Begleitband, dessen Zusammensetzung kaum Wünsche offen lässt.
So sieht es auch Vai, der sich sichtlich wohl fühlt, von Beginn an wie ein Derwisch rumwirbelt und dabei die unglaublichsten Töne aus dem Handgelenk schüttelt. Ob mit Plektrum, Tremolo oder Zunge - das vorwiegend männliche Publikum kommt vor lauter Staunen kaum zum Klatschen. Begeisterung zeigt es in den Pausen zwischen den Stücken, die Vai aus seinem gesamtem Repertoire zusammenstellt.
Neben "Erotic Nightmares", "For The Love Of God", "The Animal" und "Blue Powder" (sowie das gesprochen Intro aus "The Audience Is Listening als Einführung zum Auftritt) aus seinem bekanntesten Soloalbum "Passion & Warfare" (1990) stammt das Material vor allem aus "The Ultra Zone" (1999). Platz bleibt auch für Sheehans "Chameleon" und zwei Hendrix-Einlagen ("Fire" und "Little Wing"), bei denen sich Vai ans Mikrophon wagt. Den Höhepunkt bildet das ruhige "Whispering A Prayer" mit seinem abgefahrenen Sound.
Ein überzeugender Auftritt, den Vai selbst produziert und geschnitten hat. Über seinen Klamottengeschmack lässt sich zwar streiten - ständig zieht er sich um und sieht jedes Mal verheerender aus - , über die Qualität der Aufnahmen aber kaum. Neben einer zweiten CD mit Backstage-Besuch, Interviews und mehreren lustigen Episoden, gibt es Biografien in Textform und eine ausführliche Diskografie, die auch die ersten Jahre mit Frank Zappa berücksichtigt.
Am gelungensten ist allerdings der Kommentar zum Konzert, den man parallel zuschalten kann: Vai, Sheehan, MacAlpine, Weiner und Donati sitzen im Studio, erzählen Anekdoten, zeigen sich von ihrem eigenen Können beeindruckt und verarschen sich gegenseitig. Während Vai einen Telefonanruf beantwortet, bringt es einer seiner Mitstreiter am Ende von "Shy Boy" auf den Punkt: "Was für ein Gewichse!"
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