laut.de-Kritik

"Stagnation" wäre der bessere Albumtitel gewesen.

Review von

Man nehme einen Haufen Bitches und Kohle, rühre eine Handvoll vorhersehbarer Feature-Gäste unter, mische ein paar Autotune-Hooks hinzu und ergänze die Masse um stabile Beats sowie soliden Flow. Garniert mit einer Prise Humor verpacke man das Ganze in geschmackloses Artwork und lasse es circa 75 Minuten lang garen: Fertig ist das Summer Cem-Album. "Die Texte, die ich rappe, kommen nicht von Herzen, sondern direkt von meinem Schwanz." Jo, keine Einwände.

Das neuste Werk aus dem Hause Banger Musik hört auf den Namen "HAK", unterscheidet sich inhaltlich und technisch aber so wenig von Cems anderes Alben, dass "Stagnation" ein weitaus treffender Titel gewesen wäre. "Mein Opa kam auf einem Esel, doch jetzt rollt Cem im Benz!" ("Intro"). Das Schicksal des eingewanderten Türkenjungen, der es zwar nicht zum Millionär, aber augenscheinlich zu ansehnlichem Reichtum gebracht hat, schmiert der Rapper einem immer wieder so hartnäckig aufs Brot, dass man ein Gähnen kaum unterdrücken kann.

Schon klar, "Vor Der Rolex" machte das Leben keinen Sinn, aber nun, da er sich "Kawasaki" und "Nike Airs" leisten kann, lehnt sich Summer Cem zurück, klopft sich auf den stattlichen Bauch und streicht sich genüsslich die Brusthaare. Auf die Banger Musik-Fans kann man sich eben verlassen: Die kaufen das Album auch dann, wenn er zum gefühlt dreihundertsten Mal das Gleiche erzählt. Schade, eigentlich. Bis auf die außergewöhnliche, gut hörbare Reibeisenstimme unterscheidet ihn nicht mehr viel von talentbefreiten Banger-Kollegen wie Majoe.

Der hat, es stand zu befürchten, ebenfalls einen Gastauftritt, und thematisiert zusammen mit Cem wahrlich weltbewegende Themen. "Ich & Meine Morgenlatte" könnte im Grunde lustig sein, wenn "M.A.J. The Greatest" nicht flowen würde, als sei er tatsächlich gerade aus dem Bett gekrochen. Dazu gesellt sich ein Beat, der an Nervigkeit seinesgleichen sucht. Denn ansonsten gestaltet sich das Soundgerüst zwar wenig spektakulär, aber doch solide und zuweilen sogar tanzbar ("Regenbogen").

Labelboss Farid schaut ebenfalls auf einen Sprung vorbei, und stichelt auf "Mafia Musik" gegen Major-Labels und den einen oder anderen Kollegen. "Same procedure as ..." zwar, doch weitaus unterhaltsamer als die angebliche "AG Turbo" aus Cem und seinem alten Weggefährten Eko Fresh. Klassisches Beispiel für ein Feature nur um des Features willen. Dann soll Summer doch lieber alleine weiter machen ... denkt man sich, bis man "Kopf Hoch Bitch" gehört hat.

Nach der Penetration hunderter Mütter, Schwestern und Bitches sowie Ankündigungen à la "Zum Achtzehnten, Bitch, wird in dein Duckface gewichst", kommt Summer Cem doch tatsächlich auf die wahnwitzige Idee, sich einen ganzen Track lang über freizügige Frauen zu echauffieren. Ironie? Doppelmoral? Stumpfes Machogehabe? Das andere Geschlecht scheint bei Cem nicht sehr hoch im Kurs zu stehen, leidet er doch auf "Stehen & Fallen" darunter, dass sämtliche Vertreterinnen hinter seinem Geld her seien, und dabei den Charakter vernachlässigen.

Komisch, die machen ja genau das, was Summer Cem auf seinem Album auch praktiziert. Der "rappende Rüpel mit schlechtem Benehmen" rappt zwar auch die "100 Bars" mit unterhaltsamem Flow und einer frischen Aggressivität, nach neuen Inhalten sucht man aber vergebens. "Mein Kopf ist auf Stand-By", gibt der Mönchengladbacher auf "Morphium" zu. Selbsterkenntnis ist ja bekanntlich der erste Weg zur Besserung.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Abow
  3. 3. Vor Der Rolex
  4. 4. Morphium ft. KC Rebell
  5. 5. Kawasaki
  6. 6. Mafia Musik ft. Farid Bang
  7. 7. Nike Airs
  8. 8. Ich & Meine Morgenlatte ft. Majoe
  9. 9. AG Turbo ft. Eko Fresh
  10. 10. Kopf Hoch Bitch
  11. 11. HAK
  12. 12. Regenbogen
  13. 13. Magic Kasino ft. Kurdo
  14. 14. 100 Bars
  15. 15. Stehen Und Fallen
  16. 16. #Teamsummer ft. Onichiwa

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10 Kommentare mit 11 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Ich verstehe solche Reviews nicht. Viele Fans wollen eben gar keine Veränderung. Das hat man doch in der Vergangenheit immer wieder gesehen, dass es vielen Fans der ersten Stunde nicht gefallen hat wenn ein Rapper sich verändert/entwickelt hat.

  • Vor 10 Jahren

    Jeder hat eben seine Meinung dazu, den einen gefällt es, den anderen geht es auf den Keks. Aber ich denke nicht, dass es die Rapper interessiert. Sie haben genug Fans denen die Musik gefällt.
    Außerdem bin ich der Meinung, dass man sich die Songs erst gar nicht anhören sollte, wenn man Rap oder die Rapper sowieso nicht mag. Das widerspricht sich nämlich auch, vor allem, wenn man dann noch schlechte Kommentare abgibt. Einfach nicht anhören, so einfach ist das, dann braucht man sich auch nicht zu beschweren und 'möchtegern lustige' Kommentare drunter schreiben :-)

  • Vor 9 Jahren

    Wieviel haben Summer Cem, Farid, Bushido & Co dieses Jahr verkauft? Die erfolgreichsten Alben 2014 im Countdown:

    https://www.youtube.com/watch?v=q1_rVhNwqj8