laut.de-Kritik
Der Altpunk lässt die guten Zeiten nur erahnen.
Review von Jasmin LützDer gute alte Punk. Ich liebe ihn ja nach wie vor. Auch wenn ich den Ursprung alles andere als hautnah miterlebt habe, höre ich immer wieder legendäre Songs von Bands wie The Buzzcocks, The Damned oder natürlich The Undertones. TV Smith ist einer, der die Punkgeschichte von Anfang an miterlebte. Mit seiner Band The Adverts sorgte er bereits 1977 für Aufsehen. Wer bewegt sein Köpfchen nicht heute noch gerne zu "Gary Gilmore's Eyes"? 2006 erscheint nun mit "Misinformation Overload" sein neues Solowerk.
Natürlich wird auch ein TV Smith nicht jünger und ich weiß nicht woran es liegt, aber die meisten Urväter des Punk neigen mit dem Alter zu meist langweiligen Oparock-Stücken. Zuletzt gehört bei Bob Mould. Selbst Lou Reed schafft es heute live einfach nicht mehr authentisch, die aufregenden Punkrock-Jahre wiederzubeleben.
Dennoch, TV Smith is back. Fuckingunglaublich, dass der Mann immer noch Alben raus bringt und regelmäßig auf Konzertreise geht. Seine neue Platte beginnt allerdings gleich mal mit einem eher belanglosen Rockmonster. In "Good Times Are Back" brettern die Gitarren, von Mr. Smith höchstpersönlich eingespielt, durch das Stück und er brüllt gewohnt rotzig seine Gedanken durchs Mikro, die im Übrigen kein Mensch verstehen kann. Zum Glück gibt es aber im Booklet die Texte zum Mitlesen.
"Bring The Bull Down" klopft dir weiter heftigst auf die Glocke. Die Rhythmusfraktion Vom Ritchie (Schlagzeug) und Happi Mueller (Bass) erhärten die wuchtige Metallwand, die sich gewaltig durchs Album zieht. Leichte Melodien erreichen die Keyboards von Tim Cross. Da wird es ab und zu auch ganz schmusig ("Small Rewards"). Im Großen und Ganzen kritisiert der Urpunk inhaltlich wie gewohnt die bösen Massenmedien und das dumme Geschwätz der Politiker und überhaupt ist die Welt der Schönen und Reichen nicht das Gelbe vom Ei. Klischeehausen. Ein Punk bleibt eben ein Punk. Und das hört man immerhin ab und zu noch auf dieser Platte. "Second Class Citizens" oder "Right Hands Rise" lassen the good old days wenigstens erahnen.
Nicht schon genug damit, dass Ex-Hose Wölli diese Platte auf seinem Label Goldene Zeiten Records veröffentlicht, versucht es Smith dann leider auch noch gesanglich auf deutsch. "Es stört mich nicht" heißt der abstrakte Zungenbrecher. Mich schon! Keine Ahnung, was hier passiert ist. Entweder ist bei der Übersetzung gründlich was schief gelaufen oder aber Kumpel und Punk-Analphabet Campino hat sich zu sehr in diesen Text eingemischt. Oder was sagen uns Worte wie: "Gewalt / Gefahr / Alles neu / wie es immer war / das stört mich - im Prinzip / aber eigentlich / es stört mich nicht ..." Aha. Vielleicht bin ich noch zu jung oder nicht Punk genug, um derartige Attitüden nachzuvollziehen?!
Dennoch bewundere ich TV Smiths Vergangenheit und ihr gilt mein voller Respekt. Ich schwelge gerne in seinen alten Songs und sehe ihn gerne live auf der Bühne mit seinem sympathischen Akzent, wenn er seine Lieder in Deutsch einleitet. Nur die Akustikgitarre und seine Stimme. Mehr braucht der Mann nicht. Das ist mehr Punk, als das gesamte Instrumentenarrangement auf dieser Platte. Bandmitglieder sind demnach völlig überbewertet!
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