laut.de-Kritik
Die vier Tränenbarden erweichen schwache Herzen.
Review von Jasmin LützVor zehn Jahren hieß es noch auf Nimmerwiedersehen. 2005 sprach man dann von der großen Reunion-Tour. Sogar Lieblingsmitglied Robbie Williams sollte wieder auf der Bühne choreographische Faxen machen. Über ein Jahr später wird aus einer trinkfreudigen Idee Ernst. Der Traum vieler in die Jahre gekommener Teenager geht endlich in Erfüllung: Take That sind wieder da. Optimistischer, kontaktfreudiger und so strahlend schön, wie noch nie, aber sie bleiben zu viert.
"Beautiful World" heißt das Album einer der größten englischen Boybands aller Zeiten. Gary, Jason, Howard und Mark sind mit einem Paket voller Pop-Rührseligkeiten zurück. Manche böse Zungen behaupten ja, diese Stücke hier seien besser, als Robbies rüder Longplayer. Ich stimme dem sogar zu, aber nur teilweise.
Die Single "Patience" ist tatsächlich eine schöne Ballade mit geduldigen Melodien und einer guten Portion englischer Popmelancholie. Überhaupt haben die Jungs ihren Hang zu Liebe, Lust und Leidenschaft nicht verloren. Schmachtfetzen wie einst mit vielen gemeinschaftlichen Seufzern. "Reach Out" startet erst einmal beschwingt in die nächste Erfolgs-Session. Allerdings bleibt es fraglich, ob sie an ihren Granatenerfolg der 90er Jahre tatsächlich anknüpfen können. "Hold On" erinnert an Richard Ashcrofts Solo-Prachtstücke. Die vier Tränenbarden erweichen schwache Herzen immer ein wenig mehr: Mit viel Orchester- und Streicher-Emotionalität und rückendeckendem Backgroundchor.
Das ist genau das Richtige zur besinnlichen Weihnachtszeit. Allerdings fehlen mir hier ein wenig die Partyhits. Wo sind die "Could It Be Magic"-Smasher, "Relight My Fire"-Anekdoten oder die "Everything Changes But You"-Reminder? Gut, die Herren sind auch nicht mehr so rüstig, teilweise Familienväter und immerhin zwischen 34 und 38 Jahre jung, aber ein wenig Bewegung hat ja wohl noch keinem geschadet.
Ah, der Groove in "Shine" lockert das gesamte Harmonie-Brimborium ein wenig auf; wenigstens für kurze Zeit. Da steht auch wieder der Mark am Hauptmikro, oder? Auf jeden Fall ist es nicht der steife Gary, der da im Vordergrund singt. Den mochte ja noch nie jemand so richtig, obwohl es heißt, dass er neuerdings einen gewissen Sinn für Humor besitze! Dennoch, Mr. Owen bringt ein wenig mehr Stimmung in die Bude. Dass er das Potenzial zum alleinigen Pophit hat, bewies er ja schließlich auf seiner Platte "How The Mighty Fall" von 2005.
Auch die anderen beiden, die ja immer mehr im Hintergrund stehen, machten ihr eigenes Ding. Jeder auf seine Art. Howard Donald lebt mit Freundin und Kind im schönen Münster. Dort legt "The Body" in Clubs fetzige Housemusik auf. Jason Orange hat weder Kinder noch Erfolg, spielt hier und da ein wenig Theater und verprasst seine Alimente in der Sonne Ibizas. Eine mir sehr sympathische und kluge Lebensart. Tja, und Mr. Barlow war ja auf seinem Alleingang nicht so erfolgreich. Jetzt schreibt er nur noch Songs für andere Künstler.
Jonathan Wild ist der neue Fünfte in der glücklichen Truppe, als Produzent sorgt er für den nötigen Halt. Letztendlich sind alle Mitwirkenden stolz auf diese Rückkehr, diesmal hat jeder seinen Beitrag geleistet. Natürlich hofft man auf hohe Verkaufszahlen, auch ohne Superstar Williams. Schließlich neigen sich die damals hart verdienten Millionen auch langsam dem Ende zu. Keine Frage, hier sprechen die Pfunde ein Machtwort. So manche Wiedervereinigung ist ja kaum zu ertragen, aber bei Take That hat man ein gutes Gefühl. Nostalgie pur.
Die kreischenden Fans sind ihnen auch heute noch zahlreich treu und es gesellen sich auch neue Liebhaber dazu. Einen sicheren Platz neben den Horrorfrüchtchen von Tokio Hotel, US 5 und wie sie heute alle heißen, finden die strahlenden Engländer allemal. Die heimatliche "Ultimate Tour" im Frühjahr lief bombig (nahezu 700 000 Menschen besuchten ihre ausverkauften Shows) und beim 50. Bravo-Jubiläum performten sie ebenfalls umjubelt ihren ersten deutschen Auftritt. Da steht einer Welttour ja gar nichts mehr im Weg! Willkommen zurück, Jungs - "Back For Good"?!
233 Kommentare, davon 163 auf Unterseiten
bin mal gespannt ob tt den hohen erwartungen gerecht werden, die single "patience" klingt aber schon wieder extrem hitverdächtig (video bereits u.a. bei youtube). fühle mich aber auf jedenfall wie bei einer zeitreise wenn ich gary barlow und co in boygroupmanier wieder im fernsehen sehe...
Gary Barlow --> der beste Sänger auf Erden!
Ich find die Single ja echt gut so als Pop-und Radiosong.
ich möchtes sagen, ich möchtes sagen...
"patience kommt mit "geduldigen" Melodien"
was ein wortspiel!!!!!
sogar ich als absoluter alternative- und Indiefan muss gestehen: die Platte ist nicht schlecht und patience ist sogar richtig gut. woher ich das weiss? Es gibt hier eine Stadtbibliothek...
@Hulud (« NICHT OHNE ROBBIE!!!1 »):
vergiss Robbie. Zumindest solange Guy Chambers nicht dabei ist.