laut.de-Kritik
Es lebe die Postmoderne! Es lebe das Anything Goes!
Review von Daniel StraubBöse schaut es aus. Das neue Cover zu Tanith's Album "Still". Ein einfacher Schriftzug, ein billiges Logo. Sehen so CD's im Zeitalter sich ständig übertreffender Graphikprogramme aus? Ja, wenn sie von Tanith kommen und jedem ummissverständlich zeigen sollen, wo sich Tanith seit jeher beheimatet sieht und wo er auch seine Zukunft zu verbringen gedenkt: im Underground.
Kein Wunder, dass die neun Stücke auf "Still", nicht gerade Chartbreaker par excellence darstellen. Einzig das Eröffnungsstück "T.A.N.I.T.H." [RealAudio-Hörprobe] mit seinen Old-School-Electro-Anleihen und das überaus perkussionlastige "Regen '98" bilden eine Ausnahme und untermauern den kommerziellen Anspruch, den Tanith durchaus auch an ein Album stellt (vom Underground-Image allein lebt es sich auch so schlecht).
Ansonsten dominieren aber die düsteren Klanglandschaften den akustischen Kosmos von "Still", das mit seinen Breakbeat- und Electroanleihen oftmals wie eine Hommage an die Tage wirkt, als sich Electro mit dem schwarzen Rap verband und daraus die ersten technoiden Ideen entstanden. Das war Mitte der 80er. Stehengeblieben ist Tanith dort aber mit Sicherheit nicht. Man merkt ihm lediglich die langen Jahre im elektronischen Untergrund an. Der Mann hat viel gesehen und wahrscheinlich noch vielmehr gehört. Und so mischt er munter alles was ihm irgendwie wichtig schien zusammen: warm-verzwirbelte Acid-House-Klänge zu monotonen Maschinenbeats, trancige Flächen zu einer zerhackten Bassdrum. Es lebe die Postmoderne! Es lebe das Anything Goes!
Dabei ist "Still" alles andere als ein Werk grösstmöglicher Beliebigkeit. "Still" ist die CD eines Künstlers, der den musikalischen Crossover zu einem seiner wichtigsten Stilprinzipien erkoren hat, und der den, von so vielen lediglich als inhaltsleere Sprachhülse verwendeten, Begriff "Crossover" mit neuen Ideen gefüllt.
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