laut.de-Kritik
Welcome to Kiel-ifornia!
Review von Manuel Berger"Who needs California?", fragen Tequila And The Sunrise Gang auf ihrem fünften Album. Sie jedenfalls nicht. Die Kieler haben die Ostsee und das reicht als Inspiration offenbar dicke aus für einen eklektischen, stimmungsvollen Mix aus Reggae, Ska, Alternative und Punk. Kein Genre steht auf "Of Pals And Hearts" wirklich im Vordergrund, die Tequilas stellen die Stilmerkmale gleichberechtigt nebeneinander und kreieren einen abwechslungsreichen Sommer-Soundtrack.
Großen Anteil am fließenden Hin und Her zwischen den verschiedenen Strömungen hat Sänger René. Er ist seit Bandgründung Teil der inzwischen achtköpfigen Combo und liefert in der Regel auch die Grundidee zu den Songs. Stimmlich überzeugt er sowohl in entspannten Reggae-Parts ("Light It Up") als auch in kraftvollen Melodie-Refrains ("Keep Me Arrested"). Bei "Replacement" verfällt er in aggressive Punk-Shouts – der Song wirkt wie eine schizophrene Mischung aus Bob Marley und Rage Against The Machine.
Wut ist also durchaus erlaubt auf "Of Pals And Hearts", auch wenn musikalisch insgesamt ein sorgloser Vibe dominiert. Ähnlich handhaben Tequila And The Sunrise Gang ihre Texte. Von Predigern sind sie weit entfernt, in "California" feiern sie den Sommer daheim, "Heartfelt And True" ist ganz einfach eine Dankeshymne, die Zeile "I say relax, don't care" in "Beautiful Day" steht für sich. Die Tür für nachdenkliche und auch mal kritische Untertöne hält sich die Band aber offen und fordert stelenweise zum Zuhören und bewussten Handeln auf. "I put my thoughts into words and my thoughts into action", heißt es in "Replacement".
Das Energielevel bleibt über die zwölf Songs hinweg ziemlich hoch, dafür sorgen einerseits die Punk-Einwürfe, andererseits energetische Bläser. Chillige Reggae-Orgel in "Light It Up" und romantische Bläsermelodien in "Everything" schaffen aber auch Zeit für den Joint zwischendurch. Meist prägen der entspannte Groove von Offbeat-Rhythmen die Strophen, in den Refrains wechseln Tequila And The Sunrise Gang dann den Hooks zuliebe in gängige Rock-Schemata.
Dieses Vorgehen hat zwar Methode und manchmal wünscht man sich, die Band würde es öfter variieren für mehr Tiefe im Songwriting. Doch für Konzert-Action taugt dieses Rezept allemal. Und "Of Pals And Hearts" richtet sich eben vor allem an ein bewegungsfreudiges Live-Publikum. Mitsingtaugliche Echo-Vocals in "Keep Me Arrested" und "Last Time – First Time" tun ein Übriges für die Stimmung.
Ob eure Füße beim Hören von "Of Pals And Hearts" nun über kalifornische Strände schlurfen, auf Jamaika-Partys dancen oder vom Kieler Hafenkai baumeln ist eigentlich egal – Hauptsache sie bewegen sich.
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