laut.de-Kritik
Wir bleiben lieber drinnen und hören dieses Album.
Review von Franz MauererWen man seit Dekaden Musik macht, dann wird der Blick irgendwann vatikanisch-langfristig. So geht es Nick Saloman und seiner Band The Bevis Frond mit "Focus On Nature", das zumindest lose vom Klimawandel handelt, auch. Schon der Opener "Heat" macht aber klar, dass Saloman ähnlich wie Young die Fähigkeit besitzt, schwere Themen in ansprechende Korsette zu zwängen, zumal ihm die Neigung zu eindrücklichen One-Linern ("Wrong Way Round", aber vor allem für ewig ins Gedächtnis brennend: "Here For The Other One") nie verloren ging.
Der treibende Rocker, der zum Schluss ordentlich in den Psych-Topf greift, eröffnet Bevis-typisch nur die Bühne für ganz unterschiedliches Material. Da gibt es ausladende, verträumte Progger à la "Focus On Nature", Rocker wie den Opener, "Empty" und "Gods' Gift", dazwischen (meist sehr lebendige) Akustikballaden, so "Vitruvian Man", "Brocadine" und "Hairstreaks", Slacker-Indie mit Kanten auf "A Mirror" und Mischungen aus all dem wie "Happy Wings" und "Maybe We Got It Wrong".
Das 26. Studioalbum des 71-jährigen Multiinstrumentalisten (da lacht Robert Pollard nur) überzeugt quasi auf ganzer Linie. Das sind immerhin 19 Songs über 75 Minuten. Besonders bemerkenswert ist die Energie, die Saloman scheinbar mühelos und ungezwungen in die rockigen, härteren Songs injiziert. Neuzugänge auf einer zukünftigen Best-Of sind gar nicht so rar gesät, und das ist bei Saloman eine verdammt hohe Hürde.
Dazu zählt das besonders zauberhafte "Leb Off" ("leb" ist übrigens kein Wort, sondern bezieht sich auf die London Electricity Boar) und das mit acht Minuten als Zentrum des Albums dienende Prog-Ungetüm "Mr Fred's Disco", das Saloman aber vor allem mit seinem verschmitzten Gesang trägt und weniger mit Gitarrengewitter. "Big Black Sky" muss sich mit seiner wunderschönen Vermählung aus aggressiven Gitarrensoli und Salomans flehender Stimme vor niemandem verstecken, während sich bei "I Can't Breathe" wohl alle verstecken wollen, die das todtraurige Stück mit seinen hocheffektiv eingesetzten indisch anmutenden Gitarren zum ersten Mal hören.
"Focus On Nature" ist positiv aus der Zeit gefallen. Bei einer Blindverkostung würden die meisten das Album wohl Mitte der 90er einordnen, und die Verantwortlichen als nostalgische Anfang-Zwanziger mit gewaltigem Potenzial. Im April sind The Bevis Frond auf Deutschlandtour, zusätzlich erscheint der Dokumentarfilm "Little Eden" über Saloman. Sollte man alles mitnehmen.
5 Kommentare
Schön
Ticket für Berlin ist gekauft. Freu mich. Schönes Album
Sehr knuffig
Direkt nochmal die vorigen Alben und dieses rauf und runter gehört. Runde Sachen, die wie aus dem Ärmel geschüttelt klingen.
Gibt's das auch mit Stimme? Ganz schön dünn